grimo auf reisen

die welt liegt uns zu füßen

Bogota. Die Tour mit dem Rad

Die Tour ist highly recomanded. Vielleicht etwas zu sehr, denke ich mir, als am Vormittag nicht nur ich, sondern fast 40 weitere Reisende im Büro der Bogota Bike Tours an der Carrera 3 eintrudeln und allesamt mit Mountainbike und Helm ausgestattet werden. (Für Langzeitleser dieses Blogs: Ja ja, ich weiß, aber in Bogota gibt es keine Tunnel!) Aber dann wird die Gruppe in drei aufgeteilt und so radeln wir zu zwölft durch die City von Bogota.

Vornweg Jaime, unser allwissender Guia, der so viel und anschaulich erklärt, dass er sich nach jedem Stopp dafür entschuldigt, und hinten dran Julio, der Notfallmechaniker.
Ich hatte etwas Zweifel, ob nach der guten Einführung durch Phillipe noch viel neues erfahren würde, aber das war vollkommen unbegründet. Denn Jaime lässt nichts aus. Er beginnt mit einer grundlegenden Einführung in die komplizierte Geschichte des Landes im Regierungsviertel auf der Plaza Bolivar, bei der er nicht vergisst, auf die positiven Seiten des Landes hinzuweisen (ich war tatsächlich der einzige in der Gruppe, der sagen konnte, wie der Literaturnobelpreisträger und der berühmteste Künstler des Landes heißen, den Fußballer James kannten dann auch ein paar andere).

Dann radeln wir die Carrera 7 hinauf, die wie an allen Tagen für Autos gesperrt ist, und auf der sich ein Strassenmusikerband an die andere reiht, wenn nicht gerade dazwischen ein paar Jongleure, Michael-Jackson-Dancedoubles, Schachspieler, Streedfoodhändler oder für eine bessere Ausstattung der Kunsthochschule demonstrierende Studenten Platz gefunden haben.

Wir fahren durch den Finanzdistrikt mit seinen Hochhäusern, pausieren in einem der Parks, bewundern ein paar der hochklassigen Graffitis, die die ganze Stadt schmücken, und lassen uns deren zum Teil sehe politischen Hintergrund erklären. Eins prangert die Ausbeutung der Natur durch Rohstoff suchende Großkonzerne an, ein anderes die Macht von Lebensmittelkonzernen wie Nestle, ein drittes erinnert an einen Journalisten, der erschossen wurde, nachdem er einige Politiker der Korruption beschuldigt hatte.

Wir passieren einen Friedhof mit Gräbern vieler bekannter Kolumbinaner, an dem sich Jaime nur bei einem der Wachschützer beschwert, dass letzte Woche hier eine Biketourgruppe ausgeraubt wurde. Wir besichtigen kurz den Park und die Gedenkstätte, die an die tausenden Opfer des jahrzehntelangen Bürgerkrieg erinnern.

In einem schicken, sehr entspannt wirkenden Wohnviertel erklärt uns Jaime, dass sich hier rund 80 „Kliniken“ angesiedelt haben, die sich auf die weitgehend illegale Abtreibung spezialisiert haben, und das ausgerechnet rund um die Kirche Santa Anna, deren konservative Gemeinde sich extrem gern eine Legalisierung von Abtreibungen einsetzt.

Wir radeln durch das Rotlichviertel, was wir uns gern auch hätten späten können, denn das Vergnügen, an viel zu jungen Frauen und jeder Menge Transsexuellen vorbeizufahren ist doch eher zweifelhaft.

Schließlich besichtigen wir noch ein kleine Kaffeerösterei, die sogar nach Deutschland exportiert, eine Fruchtmarkt, in dem wir das komplette Angebot durchprobieren dürfen und abschließend landen wir in einem Laden, in dem Tejo gespielt wird. Dabei werden sehr schwere Metallbolzen auf eine schräg gegen die Wand gelehnte Holzkiste geworfen, die mit rotem, zähem Lehm gefüllt ist. Gewinner ist, wer sein Metallstück so in der Mitte platzieren kann, dass es im Matsch stecken bleibt. Lustiger aber ist, wenn eins der weißen Dreiecke getroffen wird, die rund um die Mitte im Lehm stecken. Denn die explodieren dann mit lautem Knall.

Nach fünf Stunden endet die Tour. Und ich habe ganz nebenbei auch gelernt, dass Bogota alles andere als eine perfekte Fahrradstadt ist. Zwar gibt es hier tatsächlich auffällig viele Radler. Auch finden man immerwieder die zweispurigen Radwege, die auf oder neben den sich von Norden nach Süden ziehenden Carreras abgetrennt wurden. Aber ein wirklich durchgängiges Netz gibt es nicht. Stellenweise mussten wir uns mit der ganzen Gruppe über die schon mit Fußgängern gut gefüllten Bürgersteige schlängeln, um voran zu kommen. Und dass die Fahrradtour mit Mountainbikes gemacht wurde, war angesichts hoher Bordsteine und der allgegenwärtigen Schlaglöcher mehr als sinnvoll.

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