grimo auf reisen

die welt liegt uns zu füßen

Cordoba: Musik und Kunst

Der Museumspalast in Cordoba

Hochbauten in Nueva Cordoba

Der erste Eindruck ist entsetzlich: 15-stoeckige Wohnhaeuser draengeln sich an der lauten Avenida, die vom Busbahnhof in Cordobas Innenstadt fuehrt. Eine moderne, laute Stadt, das ist wahrlich nicht das, was einen begeistern kann. Schon gar nicht nach einer unruhigen 13-stuendigen Nachtfahrt von Salta im Bus, in dem irgendein bloedes Viechs mir auch noch die Arme zerstochen hat. Aber dann entpuppt sich Cordoba doch noch als echter Gluecksgriff.

Denn eigentlich hatte ich die Stadt gar nicht mehr auf meiner to-do-Liste. Lieber noch waere ich weiter nach Norden gefahren in die Region hinter Jujuy, in der kleine Doerfer in einer eindrucksvollen Landschaften liegen sollen. Aber dafuer haette ich weiter 4 bis 6 Stunden im Bus sitzen muessen. Und dasselbe nochmal auf dem Rueckweg.

Stattdessen habe ich jetzt das Wochenende fuer Cordoba reseviert, denn die Grossstadt liegt praktischerweise etwa auf halbem Weg zwischen Salta und Buenos Aires, wo ich spaetestens am Montag wieder ankommen muss.

Zeitunglesen in einem Straßencafe in der der Fußgängezone von CordobaCordoba ist zwar auch eine Millionenstadt, erscheint allerdings wesentlich entspannter als Buenos Aires. Das historische Zentrum ist weitgehend frei von Hochbauten. Zwischen den unzaehligen Kirchen finden sich nicht nur noch ein paar schone Altbauten, sondern vor allem jede Menge Universitaetsgebaeude. Die Uni hier feiert uebrigens auch gerade ein Jubilaeum. Sie wird dieses Jahr  400 Jahre alt. Gegruendet wurde sie wie vieles hier in der Gegend von Jesuiten. Die haben auch zwei Blocks von der zentralen, innen ueberschaeumend gestalteten Kathedrale ein Kloster gebaut, das heute ebenfalls von der Uni genutzt wird.

In der Kathedrale von Cordoba  Einst Kloster, heute Universität in Cordoba

In von einem Pflanzendach beschatteten Fussgaengerzonen draengeln sich nicht nur die Passanten, sondern auch Strassenmusiker. Als erstes nimmt mich ein Trio gefangen. In der Mitte sitzt ein Mann mit Gitarre, der zwischen den Lieder stets lange Predigten ueber Jesus, die Liebe Gottes etc. haelt, bevor dann im eigentlich Stueck die beiden jungen Frauen, die rechts und links von ihm mit scheinbar unbeteiligten Gesichtern sitzen, zum Einsatz kommen. Die Stimmen der beiden sind ergreifend. Laut, klar, bewegend. Es ist immer wieder erstaunlich, zu welch kuenstlerischem Ausdruck religioese Inbrunst fuehren kann. Ich bin bei weitem nicht der einzige, der hier fuer laenger stehen bleibt und zuhoert.

Nur ein paar Meter weiter spielt ein aelterer Mann auf einer Harfe. Und wiederum kaum 20 Meter davon entfernt kloeppeln zwei juenger Hippietypen mit begeisternd schwungvoller Praezision auf einer Art Xylophon rum. So macht das Flanieren Spass!

Abends entdecke ich dann noch ein Viertel in der Naehe des Paseo de Arte: An der Calle Belgrano (die wie so viele in Argentinien nach dem Helden der Schlacht von Salta benannt ist)  reihen sich wunderschoene Resto-Bars in kolonialen Altbauten aneinander, in denen die Menschen mal auf den Hoefen, manchmal sogar auf dem Dach siztend essen und trinken. In einigen der Lokale gibt es Live-Musik. Nur fuer einen Alleinreisenden ist das hier leider nichts. Denn am fruehen Abend (also alles vor 1 Uhr nachts) sitzten die Argentinier eben speisend in Paaren oder Gruppen zusammen. Da fuehlt man sich als Einzelperson eindeutig fehl am Platz.

Straßenfegerin auf dem zentralen Platz von Cordoba

Besser aufgehoben ist man da schon in einem der zahlreichen Museen Cordobas. Unbedingt sehenswert ist das Museo de Bellas Artes Palacio Martin Ferreyra.  Das liegt, wie der Name schon sagt, in einem prachtvolle Palast, der allein einen Besuch wert waere. Auch um zu sehen, wie gelungen der Umbau des Hauses in ein modernes Museum ist. Oder um die – wir sind ja in Argentinien! – komplett mit schwarzem Kuhfell bespannte, offene, neue Treppe zu bewundern. Schoen aber ist auch die Auswahl der hauptsacehlich von Kuenstlern aus Cordoba stammenden Werke. Und irrritierend bis verstoerend eine Werkreihe von Carlos Alonso, die sich mit Folter und Entfuehrung in den Zeiten der argentinischen Militaerdiktatur in den 70er und 80er Jahren auseinandersetzt.

Cordoba ist die erste Stadt in Argentinien, in der ich auf den Gedanken gekommen bin, hier mal laenger bleiben zun wollen.

PS: In dem Roman „Der Fluch der Jacina Pichimahuida“ von Lucia Puenzo, den ich heute zu Ende gelesen habe, raet der Vater seiner Tochter, die nach Berlin will: „Nimm einen Mantel mit. In Berlin ist Winter, vergiss das nicht“. Ich mag gar nicht dran denken, wie recht er hat.

Reiseinfos:

Ubernachtung im 4er-Dorm: 82 Pesos im Le Grand Hostel, ein wirklich schoenes, angenehmes und sauberes Haus. Fruehstueck inklusive. Einziger Nachteil: es liegt unmittelbar im Ausgehviertel der Studenten. Nachts hoert man das vor allem an der Musik. Aber Ohrstoepsel helfen immer. An einem Abend wurde Asado angeboten – also die argentinische Art des Grillens für 60 Pesos inklusive Wein. Sehr empfehlenswert (auch die 4 Argentinier, die mitgegessen haben, waren sehr zufrieden). 

Eintritt im Museo 10 Pesos. 

2 Responses to “Cordoba: Musik und Kunst”

  1. Ja, manchmal kann es auch „von Vorteil“ und auch schön sein, nicht allein zu reisen, nicht nur, wenn’s ums Essen und Trinken geht 😉 😉

  2. herr grimo sagt:

    Herr Opperman, Sie haben vollkommen recht. Und werden hiermit zwangsverpflichtet, beim nächsten Mal einfach mal wieder mitzukommen. Egal wohin!

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