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die welt liegt uns zu füßen

Der Berlin-Kopenhagen-Radweg

Rostock am Hafen
Berlin hat ja mehrere Vorteile. Einer davon sind die mittlerweile gut ausgebauten Fernradwege, die von der Hauptstadt an die Ostsee führen. Den Berlin-Usedom-Radweg habe ich schon vor zwei Jahren ausprobiert und gelobt. Nun habe ich auch den Berlin-Kopenhagen-Radweg ausprobiert – und genossen. Genauer gesagt war es nur die deutsche Hälfte, also die Strecke von Berlin bis Rostock, aber auch die hat es in sich.

1. Etappe: Berlin nach Zehdenick

Insgesamt bin ich die rund 330 Kilometer in vier Etappen gefahren. Das erste Stück aus Berlin raus war mal ein spontaner Eintages-Ausflug, den man als Berlin-Mitte-Radler gern mal öfter macht. Denn es gibt wohl kaum eine angenehmere Art, aus der Mitte der Hauptstadt herauszuradeln. Gleich hinterm Hauptbahnhof, genauer gesagt auf dem ehemaligen Mauerstreifen am Kanal neben dem Hamburger Bahnhof kann man starten und dann kilometerlang erst am Berliner Schifffahrts-Kanal und dann noch besser am Hohenzollernkanal Richtung Spandau rauschen. Auf der weitgehend kreuzungsfreien, gut asphaltierten Strecke ist man ruckzuck an der Havel, an der entlang es dann Richtung Henningsdorf gibt. Dann wird es rund um Oranienburg  nicht ganz so malerisch. Aber hinter der Stadt am Nordrand Berlins erreicht man schnell das, was man als Radler von Brandenburg erwartet: Gegend! Nahezu menschenleer. Nur hier und da kleine, überraschend hübsch Orte.

Ich habe mich allerdings nicht ganz an die offizielle Strecke gehalten, weil ich irgendwo einen Wegweiser verpasst haben muss. So bin ich statt in Liebenwalde in dem etwas weiter westlich gelegenen Liebenberg gelandet, ein sehr kleiner Ort, der wegen seiner hübschen Schloss-Anlage den Weg lohnt. Nach ca. 70 Kilometern erreicht man Zehdenick, einen eigentlich recht hübsch an den Ziegelei-Seen gelegenem, aber doch recht toten Ort. Er hat aber einen unschlagbaren Vorteil. Mit dem von der Prignitzer Bahn betriebenen RB 12 kommt man gut wieder nach Berlin zurück. Entweder direkt bis Lichtenberg. Oder mit Umsteigen in Oranienburg auch nach Berlin-Mitte. Aber Achtung: die Schaffner in den kleinen Zügen drücken zwar alle Augen zu, wenn die eigentliche Kapazität von 12 Rädern um fast das doppelte überstiegen ist. Aber irgendwann ist auch hier Schluss. Man sollte also vor allem an schönen Wochenenden nicht auf den allerletzten Zug setzen.

2. Etappe: Gransee nach Wesenberg

Den Rest der Strecke nach Rostock bin ich dann an drei Tagen am Stück geradelt. Los ging es diesmal in Gransee, weil der gerade gelobte RB12 nach Zehdenick wegen Bauarbeiten nicht fuhr. Zudem ist man mit dem  Regionalexpress Richtung Rostock, der eine Fahrt ohne Umsteigen nach Gransee erlaubt, noch viel schneller in der Gegend, nur eben gut 12 Kilometer von Zehdenick entfernt. Aber das erledigt man mit dem Rad ja gerne.

Der eigentliche Fernradweg ist auf dieser Strecke mit zahlreichen Ausflugszielen gespickt, so dass man sich entscheiden muss, ob man eher viel radeln oder viel sehen will. Einen Halt allemal wert sind der Ziegeleipark nördlich von Zehdenick, das Örtchen Himmelpfort am Stolpsee, die KZ-Gedenkstätte Ravensbrück, die Stadt Fürstenberg und überhaupt die ganzen lockenden Seeufer, die man sonst im Vorbeifahren nur streift. Aber man kann auch einfach nur vor sich hin strampeln und die Aussicht genießen. Es lohnt sich. Meist geht es auf eigenen Radwegen über Felder und durch Wälder, manchmal entlang wenig befahrener Landstraßen. Wer direkt an ein Seeufer will, muss den ausgezeichneten Radweg verlassen – oder bis Neu Canow warten. Hier führen die Wegweiser zu einem mit Baumwurzeln gepflasterten, schmalen Waldweg direkt am Gobenowsee entlang. Wer es eilig hat, wird sich hier arg gebremst fühlen.

Übernachtet habe ich nach ca. 80 Kilometern in Wesenberg, einem kleinen Städtchen am Woblitzsee. Kurz vor dem eigentlichen Ort sieht man links von der Wustrower Chaussee das einzige Storchennest des Ortes, hoch auf einem eigens hingestellten Pfahl. Darunter liegt ein kleiner ehemaliger Bauernhof, der Ferienwohnungen und auch Zimmer für Radwanderer bietet – für 25 Euro inklusive gutem Frühstück. Das ist mehr als okay.

Das Abendprogramm in Wesenberg ist schnell umschrieben. Es gibt in der Nähe des Marktplatzes einen Imbiss und ein, zwei Restaurants.  Mit etwas Glück bekommt man aber auch echtes Nightlife geboten. Am „Hafen“ – der Anlegestelle für Bootswanderer, die dort auf einer Wiese ebenso wie Radwanderer kostenlos zelten können – unterhalb der Burg gibt es eine Art Imbiss-Open-Air-Kneipe, die am Samstag Old-School-Cover-Rock live auf einer kleinen Bühne bietet. Achtung: Nicht zu spät kommen, um 21.30 Uhr ist alles vorbei.

3. Etappe: Wesenberg nach Krakow am See

Die mit gut 100 Kilometern längste Tagesetappe. Seen, Wälder, Felder, tolle Radwege und in der Mitte mit Waren an der Müritz einen Ort am See, der bei klarstem Sonnenschein fast mediterranen Charakter hat. Klasse. Was will man mehr? Man will bis Krakow am See gelangen! Nicht nur weil sich auf den letzten 25 Kilomteren davor – wie in Linstow oder Drewitz –  praktisch keine Übernachtsmöglichkeiten finden lassen, sondern vor allem weil Krakow am See, wie der Name schon sagt, wunderbar am See gelegen ist. Weil ich etwas müde war, habe ich daher am Schluss die offizielle Strecke rund um den Krakower See verlassen und die Abkürzung entlang der Landstraße nach Krakow gewählt. Das ist zwar nicht schön, aber schnell. Man spart 10 Kilometer.

In Krakow drängen sich auch nicht allzuviele Übernachtungsgelegenheiten auf. Und die Touristeninfo ist am frühen Sonntagabend natürlich auch geschlossen. So bin ich am Ende im Hotel am Platze, dem Nordischen Hof, untergekommen. Das war mit 45 Euro nicht ganz so günstig wie am Vortag, aber auch okay. Und der Nordische Hof wirbt mit dem bett und bike Logo – gilt also als radwanderfreundlicher Betrieb. Es gibt aber, wie ich mittlerweile weiß, auch günstigere Übernachtungsmöglichkeiten, die man zB. auch bei bett-und-bike findet – oder am nächsten Morgen entlang der Route, die aus dem Städtchen hinaus führt.

Highlight in Krakow aber ist ein Abendessen am See, besser gesagt: auf dem See. Das Restaurant Hüdenhus hat eine Holzterrasse über den Fischzuchtbecken im See. Man bekommt also auf den Teller, was unter einem schwimmt. Frischer gehts nicht.

4. Etappe:  Krakow nach Rostock

In meiner schon recht alten Ausgabe des bikeline-Radwegführers wird noch davor gewarnt, die offiziell vorgesehene Route hinter Krakow zu wählen, weil sie in schlechtem Zustand sei. Aber das Buch ist schon zehn Jahre alt und mittlerweile hat sich viel verbessert. Der Abschnitt über Alt Sammit und Groß Breesen nach Bellin ist tatsächlich einer der schönsten – wenn man leichte Hügel mit sanften Steigungen und weite Blicke über die Felder genießen kann.

Einen kurzen Stopp lohnt später die schöne Altstadt von Güstrow. Anschließend führt die Strecke über meherer Kilometer auf einem Deich an einem Kanal entlang. Klasse! Wenn man nicht gerade Gegenwind hat.

Spätestens auf den letzten Kilometern Richtung Rostock fällt dann auf, dass sich in den mehr als 20 Jahren seit der Wende extrem viel getan hat. Es wimmelt nur so von schicken Neubausiedlungen. Die alten Dörfer in der Nähe der Hansestadt putzen sich mehr und mehr zu Wohnvorstädten heraus. Mal sehr standartisiert, mal auch als Ökosiedlung, wie etwa bei Hucksdorf.

Nach rund 83 Kilometern erreicht man dann den Bahnhof von Rostock, von wo der Regionalexpress den müden Radwanderer wieder heim nach Berlin bringt. Vorher sollte man aber unbedingt noch eine Runde durch die Altstadt drehen und wenigstens am Stadthafen einen Blick aufs Wasser werfen – und ein wenig davon träumen, mit der Fähre nach Dänemark überzusetzen und dort bis Kopenhagen weiterzufahren.

3 Responses to “Der Berlin-Kopenhagen-Radweg”

  1. herr grimo sagt:

    Nachtrag: Es gibt offenbar ein paar Radverrückte, die die ganze Strecke an einem Tag fahren. Von Berlin nach Kopenhagen. Nämlich heute:
    http://3367.linux7.testsider.dk/index.html.
    Der kleine Trick dabei ist. Sie kürzen deutlich ab. Während der offizielle Berlin-Kopenhagen-Radweg bis Rostock rund 330 Kilometer hat, sind es heute nur 247. Wer es also mal eilig hat, sollte diese Strecke wählen:
    http://3367.linux7.testsider.dk/Strecke/Streckenbeschreibung.html

  2. Rafaat sagt:

    Wahnsinn, an einem Tag ist das ganz schön viel!
    Egal ob Abkürzung oder nicht….
    Aber ich finde es toll, dass es einfach so verrückte Menschen gibt, die sich aufs Rad setzen und einfach losdüsen 🙂

  3. Wer die Zeit hat, sollte auf jeden Fall auch einen Tag und vielleicht eine Nacht in Warnemünde verbringen, mit einem, wenn auch ein bisschen touristischen Touch aber dennoch sehr schönen “Alten Strom” und einen schönen Strand und einer Steilküste bis hin zur Wilhelmshöhe.

    Aber natürlich ist der Stadthafen auch eine sehr schöne Gegend mit sehr netten Lokalen.

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