grimo auf reisen

die welt liegt uns zu füßen

Maragua und der Pfad der Inka

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Maragua – oder Marawa, wie der Ort in der Quechua-Sprache geschrieben wird, liegt wunderbar. In einem weiten, fast runden Tal, das hier gemeinhin Krater geannt wird. Aber es ist weder durch einen Vulkan, noch durch Meteoriten-Einschlag enstanden, erklaert Carlos, der uns heute durch die Landschaft fuehrt. Das Tal sei durch normale geoligische Entwicklung enstantden. Einzigartig aber ist es dennoch, denn an den Bergen rundum sind wellenfoermig geschwungene Linien zu sehen, die sich von Huegel zu Huegel ziehen.  Auch das ist durch eine besondere Verschiebung der geoligischen Schichten entstanden.

Das Dorf hier, in dem Indigenas der Jal`qua leben und Landwirtschaft bertreiben, hat kaum mehr als 20 teils weit verstreut stehende Haeuser. Dazu eine kleine Kirche, vor der wir unsere mitgebrachten Sandwiches verzehren.  Hier und da steht eine Kug.  Ein Hahn kraeht, ein Hund liegt in der Sonne. Menschen sind fast gar nicht zu sehen. Es ist still. Ueber den Bergen zieht eine Regenfront auf. Ich moechte bleiben, aber …

Man erreicht Maragua in einem schoenen Tagesausflug. Ich haette die Tour gern auf eigene Faust gemacht, aber hier hat mich tatsaechlich mal ein grosser Nachteil des Alleinereisens erwischt.  Wenn man zum richtigen Zeitpunkt nicht die richtigen Menschen trifft, die gerade das gleiche wollen, dann bleibt man auf sich gestellt. Und ganz allein durch eine eher menschenleere Gegend wandern, das wollte ich auch nicht. Also habe bei Nelson, dem Ticketvermittler im Hostal Berlin, eine Tour gebucht. Er hatte theoretisch auch eine Zwei-Tages-Tour im Angebot, inklusive Uebernachtung in Maragua, aber ich war der einzige, der das wollte. Und fuer einen allein machen die das nicht. Schade.

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So breche ich morgens vor dem Hostel in Sucre mit Carlos, einem zusaetzlichen Fahrer sowie Adrian aus Paris und Hannah aus London in einem Vier-Rad-Antrieb-Toyota auf. Es geht erst ueber die frisch asphaltierte Landstrasse Richtung Potosi, dann eine sehr steile und kurvige Schotterpiste hoch auf 3.700 Meter. Dort steht in der Naehe  des Passes die Kapelle von Chataquila. In der wird die Jungfrau verehrt, die hier oben vor einigen Jahrzehnten erschienen sein soll.

Ein paar Meter weiter die Strasse entlang steht links ein Hinweisschild, das den Eingang zum Weg der Inka kennzeichnet, der von hier steil herab mit unmwerfenden Aussichten hinab ins Tal fuehrt. El camino del Inka, the Inkatrail, das ist nicht nur in Peru, sondern auch in Bolivien immer wieder ein Anreiz fuer die Reisenden. Zwar gibt es gar nicht DEN einen Inkaweg, aber es gibt ueberall hier im Hochland der Anden Reste des einst weit verzweigten Wegenetes, mit denen die Inka ihr grosses Reich verbanden und kontrollierten. So oder so bewegt man sich auf den Spuren einer Kultur, die hier vor 500 bis 600 Jahren das Sagen hatte. Dieser Abschnitt hier, erklaert Carlos, wurde erst vor acht Jahren restauriert. Nicht fuer die Einheimischen aus den umliegenden Doerfen, sondern fuer die Touristen.

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Unterwegs erklaert uns Carlos nicht nur die Geologie dieser Gegend, sondern auch ausfuehrlich die medizinische Bedeutung vieler, teils extrem gut riechender Pflanzen. Carlos ist 40 Jahre alt und seit 18 Jahren arbeitet er schon als Guia. Wenn es hier in der Gegend von Sucre mal nichts zu tun gibt, dann verreist er gerne selbst. In Bolivien, aber auch nach Peru, Chile, Argentinien. Teils um dann dort als Guia zu arbeiten, teils einfach um mehr von der Welt kennen zu lernen. Seit ebenfall 18 Jahren ist Carlos verheiratet, er hat zwei Toechter. Seine Touren aber macht er stets allein. Seine Frau, sagt Carlos, mag das Reisen nicht so. Einmal habe er sie mitgenommen nach Oruro. Ihr sei im Bus so schlecht geworden, dass sie zurueck das Flugzeug haben nehmen muessen. Das wars dann.

Nach drei Stunden gemuetlichem Gang sind wir unten im Tal, wo unserer Fahrer schon wartet. Wir passieren einen Fussballplatz, auf dessen Spielfeld zahlreiche hohe Buesche wachsen. Es ist halt Regenzeit, da wuchert es ueberall.  Dann passieren wir die Bruecke ueber den kleinen Fluss und quaelen uns mit dem Vierradantrieb die Lehmpiste nach Maragua hoch. Einmal muessen wir aussteigen, um ein paar Felssteine aus dem Weg zu raeumen.

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In Maragua geht Carlos mit uns noch den Weg zur garganta del diablo – dem Teufelswasserfall, der hier vielleicht zwanzig Meter in die Tiefe plaetschert. Direkt daneben gibt es eine kleine Hoehle, in deren  glitschigen Eingang man klettern muss, um die obgligatorischen Fotos zu machen. Umwerfend ist hier nichts. Und dennoch, alles zusammen genommen … und dann noch diese unglaubliche Stille.

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Carlos zeigt uns noch die Cabanas fuer Gaeste, die die hiesige Dorfgemeinschaft errichtet hat. Es sei ein Tausend-Sterne-Hotel, sagt Carlos mit einem Laecheln. Nachts, bei klarem Himmel.

Dann geht es auch schon wieder nach Hause. Auf dem Rueckweg kommen uns zwei Paerchen entgegen, zu Fuss, mit Rucksack und allem was man so braucht. Sie werden den Sternehimmel erleben. Ich bin neidisch – und aergere mich, dass ich mich nicht getraut habe, allein aufzubrechen. Denn bis zu der Kapelle Chataqilia kommt man gut auch mit oeffentlichen Bussen, die morgens frueh von Sucre los fahren. Und vom Fussballplatz bis Maragua sind es auch nur vier Stunden Fussweg, sagt Carlos, also eine durchaus machbare Strecke. Am zweiten Tag kann man dann weiterwandern nach Quila Quila und von da mit dem Bus zurueck nach Sucre. Klingt prima, aber …

… ich sitze hinten im Toyota und bin schon auf dem Rueckweg.

Adrian und Hannah sind uebrigens ein Paar. Sie haben sich in Australien kennengelernt, als sie auf einer Farm arbeiten mussten, um ihr Visum verlaengern zu duerfen. Zuletzt haben sie in Frankreich auf einem Luxussflusskreuzfahrstschiff gearbeitet, sie als Kellnerin, die jeden Abend per Cheese Speach den Gaesten die aktuelle Kaeseauswahl anpreisen muss – und auch die Weine. Er will demnaechst Kapitaen werden. Der Job sei prima, erklaeren die beiden. Sieben Monate haetten sie gearbeitet, gut verdient und kein Geld fuer Miete oder Essen ausgeben muessen. Jetzt reisen sie drei Monate im Eiltempo (Costa Rica, Panama, Peru, Bolivien, Argentinien) durch Lateinamreika. Und dann geht es zurueck aufs Schiff. Das sei kein Job fuers Leben, aber fuenf Jahre koenne man das schon manche. Dann  haetten sie genug Geld zusammen, um sich irgendwo niederzulassen. Wo genau, wissen sie noch nicht. In Frankreich? Nein, sagt Adrian, das sei ein wunderschoenes Land, aber es biete zur Zeit keine Perspektive fuer junge Leute. Und er hat Angst, dass Marine Le Pen vom Front National bei der naechsten Praesidentschaftswahl Erfolg haben koennte.

 

 

 

 

 

 

One response to “Maragua und der Pfad der Inka”

  1. […] Den Ausflug in die Umgebung von Sucre könnte man mit etwas Mut auch gut allein unternehmen. Es gibt Busse, die von Sucre Richtung Potolo […]

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