grimo auf reisen

die welt liegt uns zu füßen

Mit Herrn.O. und der Bahn zum HdKW – eine Odyssee

Herr Oppermann ist mal wieder in Berlin. Das ist eine Freude. Heute war er in Lichtenberg. Was er da wollte? Nun ja, er ist halt ein Romantiker mit einer solidarischen Liebe zu einer Insel, die er noch nie gesehen hat – und außerdem gibt es da Mojito. Also nicht nur auf der Insel, sondern vor allem bei dem Soli-Fest- in Lichtenberg.

So weit so gut. Dann aber muss Herr Oppermann zurück in die City. Wir wollen zum wunderbaren „Wassermusik„-Festival auf der wunderbaren Dachterasse im Haus der Kulturen der Welt. Herr Oppermann ruft an. „Wie komme ich noch mal da hin?“, will er wissen. „Nimm die U5 bis Alex, steig da in die S-Bahn, die fährt aber wegen Baustelle nur bis Friedrichstraße – oder du nimmst den Regionalexpress, der fährt bis Hauptbahnhof, das ist näher dran. Also alles ganz einfach“, antworte ich als Profi-Berliner. „Und gibt es da einen direkten Aufzug am Alex? Von der U- zu S-Bahn?“, will Herr Oppermann wissen. Nö, gibt es nicht. „Und wie finde ich das dann?“, stöhnt der Mojito-seelige Rollstuhlfahrer. Okay, ich radel zum Alex und warte auf der Zwischenetage auf ihn.

Herr Oppermann steht derweil mit seinem Rolli zwei Stockwerke tiefer. Auf dem Bahnsteig der U 5. „Das mit dem Aufzug kann daueren :-(„, smst er von unten. Ein lange Schlange von Kinderwagenfahrern steht vor der Tür. Und wenn der Aufzug ganz unten ankommt, ist er meist schon voll mit weiteren Kinderwagenfahrern und ihren Begleitern, die gar nicht nach ganz unten, sondern nach ganz oben wollen, die aber zwischendurch irgendwo eingestiegen sind, damit sie überhaupt mal reinkommen. Für Herrn Oppermann heißt das: draußen bleiben.

Wir warten fünf Minuten. Zehn. Fünfzehn. Nach 20 Minuten überlege ich gerade, selbst im Zwischengeschoss mit meinem Rad einzusteigen, um so für Herrn Oppermann einen Platz zu blockieren. Aber da ruft er gerade wieder an. Er versucht es jetzt an dem zweiten Aufzug am anderen Ende des Bahnsteigs. Damit kommt er wieder bis zum Zwischengeschoss, muss nur noch einmal in einen anderen Lift umsteigen – und schon ist er oben auf dem Alexanderplatz. Er hat genau einen halbe Stunde gebraucht, nur für den Weg von unten nach oben.

Super!

Inzwischen ist es weit nach 19 Uhr. Das erste Konzert des Abends im HdKW läuft schon, das können wir uns abschminken. Egal.

Jetzt die Frage: S-Bahn, die wegen Bauarbeiten nur bis Friedrichstraße fährt, von der wir aber wissen, dass man da ebenerdig reinkommt? Oder Regionalexpress, der bis Hauptbahnhof fährt, aber keinen rampenlosen Einstieg garantiert? Wir wählen das Risiko – und ziehen die Arschkarte.

Es kommt ein Zug der ODEG. An einer einzigen der vielen Türen ist ein Rolli-Symbol zu sehen. Wir eilen nach vorne dorthin. Aber zwischen Bahnsteig und Zuginnerem ist ein Höhenunterschied von 15 Zentimetern. Wir probieren es dennoch, aber mit dem Handbike kommen wir nicht da runter.

Die Türen schließen. Wir stehen frustiert auf dem Bahnsteig, ich winke schimpfend Richtung Fahrer. Der Zug fährt – nicht ab! Statt dessen kommt tatsächlich von ganz hinten der Schaffner herbeigelaufen. Er habe uns in dem Gedrängel einfach nicht gesehen, brummelt er, steigt in den Zug, holt aus einem Wandschrank eine Faltrampe und lässt uns rein. Wegen uns, sagt er dann noch klagend, habe der Zug nun Verspätung. Und überhaupt, wir hätten uns rechtzeitig vorher anmelden müssen!

„Aha“, sage ich, „Rollifahrer dürfen Berlin nur nach Antrag benutzen?“ Und ob das auch zu Zeiten gelte, in denen die S-Bahn nicht fahre? Und wie man das wohl machen solle, wenn man allein eine halbe Stunde brauche, um aus dem U-Bahnhof rauszukommen?

Wir einigen uns darauf, dass nicht der Schaffner Schuld ist, sondern diese verrückten Planer, die es einfach nicht hinbekommen, Züge und Bahnsteig so zu bauen, dass man sie ohne Rampe nutzen kann. „Das Problem ist Berlin!“, weiß der Schaffner. Draußen an den Kleinbahnhöfen in Brandenburg seien die Bahnsteige niedriger gebaut, so dass alles passe.  Aber in Berlin …

„Es ist eine Schande“, mischt sie eine neben uns sitzende Frau ein. „Man schämt sich für seine Stadt“.

Das Konzert der Hauptband auf dem Dach des HdKW ist dann noch ganz nett und entspannt gewesen. Für Rollifahrer gibt es einen Aufzug, mit dem man per Rampe durch den Backstage-Bereich auf die Dachterasse kommt. Nicht perfekt, aber passt schon.

Außerdem gab es Caipirinha.

 

Ein eindruckvoller Text zum Thema mit dem Rollstuhl in der Berliner U-Bahn stand kürzlich hier in der taz

 

 

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One response to “Mit Herrn.O. und der Bahn zum HdKW – eine Odyssee”

  1. […] kürzlich Herr Oppermann mal wieder in Berlin weilte, hat es ausgerechnet an Sonntag geregnet. So waren wir in diesem Jahr nicht zusammen dort. Aber im […]

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