grimo auf reisen

die welt liegt uns zu füßen

Prince: Erinnerung an sein Berlin-Konzert 2002

Einmal hab ich geweint. Geschrien wie diese Teenager aus den Beatles-Konzert-Filmen. Einfach so, wie ich es mir hatte vorstellen können. M. hatte die Karten. Er war halt der größte PRINCE-Fan, aller PRINCE-Fans, die ich kenne. In dem Laden in unserer Straße gab noch 10 Tickets für das Konzert. M. hat alle 10 gekauft, ohne zu zögern. Was er damit wolle?, hatte ich gefragt. Ach, sagte M., er werde schon Freunde finden, die mitkommen. Die Karten kosteten 60 Euro, richtig viel Geld für mich damals. Das Konzert war im ICC, schlimmer geht es kaum.
Ich habe M. ein Ticket abgekauft. Wir saßen in der vorletzten Reihe. Bestuhlt, Klappsitze mit Klapptischen wie in einem Hörsaal, 5.000 Leute. In der letzten Reihe saß dieser Schauspieler, den man damals hauptsächlich aus irgendwelchen Vorabendserien kannte, Christoph Waltz.
Die Bühne war gigantisch. Das Konzert auch. Prince jammte, jazzte mit seiner Band, mindestens ein Dutzend Musiker. Funk. Funky funky Funk. Unglaublich. Wir liefen nach vorn, die Treppen der Gänge runter, soweit bis uns die Sicherheitskräfte aufhielten. Irgendjemand aus den forderen Reihen verlangte „Purple Rain“. Prince lächelte schief und antwortete: „No. This is 2002 not 1984“. Vergesst die ollen Kamellen.
Dann holte er Leute aus dem Publikum auf die Bühne. Tanzte mit ihnen, sang. Seine langhalsigen Gitarren wurden immer dreieckiger.
Der Mann dort oben auf der Bühne war Gott. Und mit ihm seine komplette Band, bei der man bei jedem einzelnen Ton spüren, ja sehen konnte, dass er stimmt.
So. Genau so.
Alle tanzten. Alle 5.000 zwischen den Klappsitzen und Klapptischen. Prince hatte gute Laune. Er spielte und spielte den Saal an die Wand. Wir tobten.
Erste Zugabe. Wir tobten.
Zweite Zugabe. Wir schrien.
Dritte Zugabe. Er kommt tatäschlich nochmal wieder. Er sagt nur kurz okay. Und spielt es dann doch. Purple Rain. Ich weiß nicht mehr, wie lange der Song dauerte. Extended. In meiner Erinnerung waren es 15 Minuten. Mindestens. Tief. Traurig. Sich langsam steigernd. Und ich stand da im Gang und habe geschrien und geheult und war weg. Und hin. Und weg. Mich langsam steigernd. Hin und weg. Wie nie zuvor und niemals später mehr. So wie halt die Teenager aus diesen Beatles-Filmen, die ich nie hatte verstehen können.
Dann hat er noch einen Song gespielt. Den allerletzten. Ganz allein an einem Piano sitzend. Weiße Sterne liefen von oben nach unten über die haushohen Leinwände auf der Bühne.
Sometimes it snows in April.

 

Heute ist er gestorben.

Jedes seiner Konzerte war einzigartig, heißt es. Hier irgendein anderes:

 

Leave a Reply

Your email address will not be published.

You may use these HTML tags and attributes: <a href="" title=""> <abbr title=""> <acronym title=""> <b> <blockquote cite=""> <cite> <code> <del datetime=""> <em> <i> <q cite=""> <s> <strike> <strong>