grimo auf reisen

die welt liegt uns zu füßen

Salento: Der große Regen

Und dann kommt der Regen. Er ist es nur ein sanftes Grummeln jenseits der Berge, das das herannahende Gewitter ankündigt. Dann fallen leichte Tropfen, kaum mehr als ein Sprühregen, der aber minütlich stärker wird. Und dann prasselt, hämmert auf die Plastik- und Blechdächer des Hostals.
Es ist berauschend.

Auf der überdachten Terasse hat sich ein kleines Grüppchen Reisender versammelt, um die zuckenden Blitze zu bewundern. Und das krachende Donnern.

Unwillkürlich zuckt man zusammen. Gibt es hier eigentlich Blitzableiter?

Die Palme nebenan biegt sich bedenklich.

Es ist dunkel draußen, die Nacht kommt hier früh und schnell. Jetzt aber ist es auch drinnen dunkel. Erst nur sekundenweise fällt der Strom aus. Und mitten in die blitzartige Dunkelheit knallt dann strahlend das Starkstromleuchten vom Himmel. Es kracht unmittelbar danach. So laut. So eindinglich.

Scary!

Ich gehe rein und setze mich zu den anderen in die Sofaecke. Travellergeschichten aus aller Welt machen die Runde. Dann fällt das Licht aus. Und diesmal bleibt es dunkel. Für den Rest der Nacht. Und selbst am nächsten Tag wird es bis Mittag dauern, dass Salento wieder Strom hat.

Wir haben kein Internet mehr, jammert einer der Reisenden. Er lächelt. Aber die Smartphones liegen traurig auf dem Tisch.
Draußen im Garten wird eine Plane davongeweht. Die Donner hallen zwischen den Bergen doppelgut. Wir stehen am Fenster und zählen die Sekunden nach dem Blitz. Es prasselt immernoch aufs Dach. Aber der Sturm zieht weiter. Und es bleibt dunkel.

Später, gefühlt tief in der Nacht, dabei ist es nicht einmal halb Acht am Abend, schlender ich durch die feuchtkühle Abendluft hoch zur Plaza. Der Supermarkt hat geöffnet, ein ratternder Transformator liefert Strom. Auch die Kneipe Donde Mi ‚Apa, die über und über mit alten Radios, Schreibmaschinen und uralten Computerteilen vollgestopft, von der Decke hängen Bügeleisen, ein uriger Platz, auch hier gibt es Strom für zwei Glühbirnen hinter dem Tresen. Und für eine Box draußen. Junge, fröhlich betrunkene Kolumbianerinnen singen Schmachtfetzen lauthals mit.
Ansonsten liegt das Städtchen im Dunkeln. Es sei denn, es gibt Kerzen. Oder Licht von Handylampen. Vor einer Kneipe verkauft ein Mann leckere Perros – Hunde, so nennt man hier Hot Dogs. Er mache das seit 30 Jahren, sagt er, da lasse er sich doch durch einen kleinen Stromausfall nicht aus der Ruhe bringen.

Auch in der Kirche gibt es kein Licht. Aber eine Hochzeit. Vor dem weit geöffnete Portal stehen zwei Autos mit laufendem Motor und angeschalteten Scheinwerfern, damit es drinnen nicht komplett schwarz ist. Der Pfarrer wünscht dem Brautpaar Glück. Die Gemeinde singt.

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