grimo auf reisen

die welt liegt uns zu füßen

Tarifa am Sonntag

Während Herr Oppermann noch seinen Körper pflegt (und Videos posted) sitze ich vor dem Café Central in der Sonne und warte auf meinen café con leche – ah, da kommt er schon. Ich musste ihn nicht einmal bestellen, der smarte Kellner mit der freundlichen Zahnlücke wusste auch so, was ich will. Ich war schließlich gestern schon mal hier. Und wer zweimal bei dem selben Café einkehrt, gehört schon zum Establishment. Zumindest hier in Tarifa, wo alles sehr überschaubar ist.

Pepe, unseren freundlichen Herbergsvater im Hostal Gravina, trifft man an jeder Ecke, der Barman mit den leckeren Mojitos aus der Nacht sitzt am nächsten Morgen im selben Café und die Deutschschweizerin, die man nachmittags in dem Agenturbüro nach einer Schiffstour zu den Walen gefragt hat, steht abends in der Galerie von Blanca Orozco und singt Verse, die ihr eine lokale Poetin zuflüstert, während ein freundlicher, älterer Herr in die Saiten seiner Gitarre greift.

Es ist übersichtlich hier. Noch eine Woche mehr hier und wir würden zur Familie gehören. Lola, eine weitere Gitarristin und Sängerin mit einer wunderbar spitzen Nase, die die wuchernden Fülle ihrer Locken teilt, hat uns quasi schon eingeladen, auch in der wunderbaren Galerie hinter der Kirche aufzutreten. Jetzt müsste Herr Oppermann nur noch eine passende Gitarre finden. Und den Mut, neben all diesen spanischen Zupfkünstlern bestehen zu können. Und ich mein Gedächtnis für Texte, das ist wohl das größte Problem. Vielleicht sollte ich auch auf das hier genutzte Modell zurückgreifen und mir eine Poetin zur Seite stellen, die mir ihre Verse souffliert. Von Sandburgen am Strand, die nah, zu nah am Wasser gebaut sind. Und von irgendwas, das ich leider nicht verstanden habe, das aber die Möven vergessen lässt, dass sie fliegen wollen.

Später sitzen wir tief in der Nacht im Gedrängel der kleinen Gasse mit den 17 Bars unter einem Heizpilz, trinken schon wieder Mojitos und philosophieren über das Leben. Glück und wo man es findet. Und wo nicht. Genauer gesagt: Herr Oppermannn wäscht mir den Kopf, so wie sich das gehört unter Freunden.

Alle anderen in dieser Gasse sind viel zu jung. Nur wir haben das richtige Alter! Ein strunkeliger Typ setzt sich zu uns, will uns Haschisch verkaufen und schüttet sein Bier über meine Hose. Herr Oppermann spendiert mir zwei Cola. Dann teilt er die Menge wie Moses das Meer und wir dürfen nach hause gehen.

Heute ist ein schöner Tag, sagt der Sohn von Herbergsvater Pepe, der am nächsten Morgen draußen vor der Tür den Passanten begrüßt. Der Wind hat nachgelassen, sagt er. Der Wind, das ist das große Thema hier in Tarifa. Und die Sonne scheint, tief in meine Augen. Dahinter stellt sich fast ein Anflug von Glück ein. So einfach ist das, so überschaubar.

Oben vom Miramar schaut man auf die Schiffe. Sie ziehen wie große Inseln langsam vorbei. Dahinter eine Ahnung von Afrika.

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