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die welt liegt uns zu füßen

„Was zusammengehört“ von Markus Feldenkirchen

Bildschirmfoto 2014-06-02 um 20.02.10Mir war gerade so nach Büchern zum Weglesen. Schmökern und durch. Und da mir dabei schon „Keine Experimente“ von Markus Feldenkirchen sehr zupass kam, hab ich gleich noch zu seinem Erstlingswerk „Was zusammengehört“ gegriffen. Auch dieses Buch ist bei weitem keine Weltliteratur, aber eben ein vergnüglicher kleiner Roman, der ganz groß angelegt ist. Vielleicht etwas zu groß, aber was solls.

Erzählt wird die Geschichte eines Brokers in der Bankenmetropole Frankfurt – kurz nach den ersten Crashs. Aber nicht nur die Finanzwelt gerät ins Wanken, auch das Gefühlsleben des Hauptprotagonisten ist mehr als labil. Da erreicht in ein Brief, aus einer anderen Welt – und einer anderen Zeit, als schon einmal viel im Umbruch war.

Denn den November  1989 hatte der heutige Broker  mit seiner Schulklasse in einem tiefkatholischen Kaff an der Westküste Irlands verbracht und sich dabei – wie es sich für eine ordentlichen Jugendfahrt gehört, gehörig verliebt. Nicht in eine Klassenkameradin, sondern in eine junge Irin, die Tochter des Bürgermeisters.

Und daran fächert sich dann die Geschichte auf, der Mauerfall in Deutschland, der Irland-Konflikt weit vorher, die aktuelle Bankenkrise, die Irland besonders heftig trifft, der Verlust einer guten Freundschaft, linksliberale Lehrer, modernes unverfängliches Beziehungsleben hier  und eine junge Liebe dort, die es schwer hat, in einem durch die Religion geprägten Umfeld. Letzteres erinnent nicht nur an das zweite Buch von Feldenkirchen,  sondern auch an „Aminas Briefe“ von Jonas T. Bengtssson, das ich kürzlich gelesen hatte.  Nur wo es bei Bengtsson um ein Mädchen aus einer islamische Lebenwelt im  modernen Dänemark geht, trifft hier ein junger Westdeutscher auf ebenfalls sehr streng definierte katholische Welten. Die Unterschiede sind da, aber die Konsequenzen daraus überraschend gleich.

Wer die beiden Romane von Feldenkirchen gelesen hat, stellt fest, dass der Autor als dritte Ebene gern die Welt die Literatur nutzt. In „Keine Experimente“ schwärmen die beiden Hauptprotagonisten für Fontane, in „Was zusammengehört“ spielt Heinrich Böll einen zentrale Rolle. Erst sein „Irisches Tagebuch„, später und vor allem aber die „Ansichten eines Clowns„. Ersteres liegt auf der Hand, wenn es um eine Reise auf die grüne Insel geht, zweiteres drängt sich auf, wenn man über eine Liebe schreibt, die mit dem Katholizismus zu kämpfen hat.

Die „Ansichten eines Clowns“ hatte ich selber ungefähr in dem Alter gelesen, wie der junge verliebte Ich-Erzähler auf der Insel. Ich war damals schwer beeindruckt.

Feldenkirchen nutzt den Böll-Klassiker auch als Handlungsrahmen. Denn der „Clown“, lässt er den Erzähler gegenüber seiner Freundin behaupten, gehe zwar nicht gut aus, aber habe dann doch ein offenes Ende, das zumindest ein wenig Hoffnung lasse für die beiden Liebenden.

An diese Vorgabe hat sich auch Feldenkirch gehalten. Und wenn man das Buch nach den letzten Seiten zufrieden zur Seite legt, ist klar, wie man sich das nicht erzählte Ende vorstellt.

 

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