grimo auf reisen

die welt liegt uns zu füßen

Carnaval in Bacalar

Hatte die Frau da in dem Auto gerade eben tatsächlich Federschmuck im Haar? Ja, offensichtlich. Und dazu trug. Sie ein buntes Kostüm. Aldemár hat es auch gesehen, Luis auch. Nur ob das tatsächlich eine Frau war oder doch ein Mann, darüber können wir uns nicht einigen.

Wir schleppen unsere Rucksäcke durch Bacalar, eine ruhig und entspannt wirkende Stadt am gleichnamigen See, der sich über 40 Kilometer Länge parallel zur Karibikküste dahinzieht, und suchen nach einem Hostel. Unten am See sieht alles ziemlich teuer aus. Schließlich hilft uns ein freundlicher Polizist weiter, der die zentrale Plaza für den Verkehr absperrt. Denn dahinter stehen weitere Kostümierte. Ein paar Karussells für Kinder. Eine Bühne. Es ist Sonntagabend, eine Woche vor Rosenmontag, aber in Bacalar ist man offensichtlich etwas früher dran.

Ein Hostel, erklärt uns der Polizist, sei gleich hier am Platz, das Pata de Perros. Es gebe noch zwei andere, aber wir fragen gleich mal in dem ersten. Oben im ersten Stock gibt es ein paar Zimmer, aber im Erdgeschoss verbirgt sich ein Dormitorio mit 11 Betten, durch mannshohe Trennwände unterteilt in Zweier- und Dreierkabinen, die wiederum mit Vorhängen Sichtschutz zum Gang geben. Mal was anderes, wir bleiben gerne.

Draußen dröhnt inzwischen laute Musik, der Strassenumzug hat kurz vor Sonnenuntergang begonnen, klein, aber fein. Es gibt mehrere Tanzgruppen, eine ganz in weißen Kostümen, zwei in bunten, dazu einen Menschen, der in einem überdimensionalen Pfaukostüm steckt und lustig mit seinen Federn wackelt, ein Wagen, auf dem eine Truppe älterer Frauen in bunten Kostümen sitzt, sowie zwei Wagen mit Kindergruppen, die teils auch ein wenig tanzen, teils nur ein wenig winken. Die PKW, die diese Wagen ziehen, sitzen stolze Väter am Steuer, einer hat einen riesigen Stofftiger auf dem Dach. Ach ja, und dann gibt es da noch die chinesische Community des Städtchens, die mit fünf Personen einen raupenartigen Drachen durch die Sträßchen trägt. Es geht einen Block rauf, dann vier nach links, einen wieder runter und dann zurück zur Plaza.

Luis, der Aldemár und mir vorangegangen war, kommt uns entgegen, er ist etwas rot im Gesicht. Was denn passiert sei, fragt Aldemár. Naja, sagt Luis, die jungen Tänzerinnen, seien auf ihn zugestürmt, hätten den großen Gringo unter lautem Gejohle in ihre Mitte gezogen und dann wild um ihn herumgetanzt. Wir lachen.

Ab und an werden ein paar Bonbons geschmissen, ich fange einen Karamelllutscher. Das war es dann schon mit dem Umzug.

Der Unzug ist aber noch nicht alles. Das eigentliche Programm startet erst später auf der großen Bühne auf der Plaza. Die Tanzgruppen bestreiten einen Wettbewerb, bis zu 30 Tänzer, vor allem Tänzerinnen, alle mit lustigen, hoch aufragenden Puscheln auf den Köpfen, drängen sich auf der Bühne zum Formationstanz. Hier und da werden Tänzerinnen von den Männern auf die Schultern gehoben, das Publikum jubelt. Mal zischt ein kleines Feuerwerk am Bühnenrand. Die Tanzgruppen haben den Charme des Unperfekten, dünne und dicke, alte und junge, und auch die Bewegungen gehen manchmal sehr durcheinander.

Wir vergnügen uns zwischendurch immer wieder mal mit dem kulinarischen Angebot. Erst gehen wir zu einem Stand, an dem ein Straßenhändler Mais anbietet. Gekochte Kolben mit roter Soße oder einen Becher mit gekochten Körnern, Limonensaft, Kondesmilch, Chili und roter Soße, gut ungerührt. Wir nehmen zweiteres. Schmeckt Klasse.

Später neben wir noch Marquesitas, eine Art Crepepfannkuchen, der in einem runden Waffeleisen, das mehrfach über einem fahrbaren Ofen gewendet und unter großem Kraftaufwand des jeweiligen Händlers zusammengepresst und schließlich zu einem Rohr gerollt mit Käse oder Nutella oder beidem serviert wird. Diesmal sind wir nicht so verrückt und bleiben bei Käse pur.

An den Marquesita-Ständen, die man hier überall in Mexiko findet, gibt es auch Pommes Frites und die gezuckerten Churros, die Mexikaner kaufen dort gern ein Schälchen mit beidem, eine Hälfte Pommes, eine Hälfte Churros. Diese Mischung überlassen wir den Mexikanern.

DSC05337

Marquesita-Stände auf der Plaza von Bacalar.

Direkt neben der Bühne bieten ein paar Frauen süße Kuchen an, während wir sie noch bewundern und uns mit der Entscheidung schwer tun, werden wir fotografiert, internationaler Besuch aus am Australien, Kolumbien und Alemana, das ist schon mal ein Foto wert.

Später spielt dann noch eine Band zum Tanz auf. Latinorhythmen. Aber es ist schon fast 23 Uhr, die meisten sind nach der Aufführung der Tanzgruppen gegangen.

Auf einer großen Tafel auf der Plaza steht das gesamte Programm des Carnaval Bacalar 2015 aufgelistet. Es variiert nur wenig. An fünf Abenden in Folge von Freitag bis Dienstag, beginnt es mit dem Strassenumzug um 17.30 Uhr und endet mit einer Tanzkapelle, dazwischen treten die Tanzgruppen auf. Sie sind offenbar verschiedenen Prinzenpaare zugeordnet. Neben dem eigentlichen Prinzenpaar wird auf der Programmtafel noch ein Kinderprinzenpaar aufgelistet, dazu ein weiteres der anders begabten Kinder – ein nichtdiskriminierender Ausdruck für Behinderte – und dann gibt es auch noch die Prinzessin der sexuellen Vielfalt, deren Auftritte ich leider knapp verpasse, aber Luis hat sie gesehen, diese Prinzessin sei ein Transvestit.

Und ich dachte immer, Mexiko sei ein streng katholisches Land.

 

Praktische Infos wie immer hier.

DSC05346

Das Hostal Pata de Perro am Rande des Plaza von Bacalar.

 

2 Responses to “Carnaval in Bacalar”

  1. […] Bacalar: Im hübsch am See gelegene Bacalar gibt es direkt an der Plaza das vom sehr netten Alejandro und seiner Frau betriebene, hübsche Hostal Pata de Perros mit privaten Zimmern im ersten Stock und einen sehr gelungen Dormitorio im Erdgeschoss. Darin gefinden sich einzelne, durch Vorhänge und sichthohe Mauern abgetrennte Kabinen mit je zwei bis drei Betten, Ablage und Minilocker direkt neben den Betten (auch oben am Doppelstockbett!), dazu abschließbare Wandschränke, in die auch ein großer Rucksack passen würde, saubere Bäder, heißes Wasser, WLAN, und ein sehr einfaches Frückstück (Kaffee und ein Stück Gebäck). Einziges Problem: das Seeufer in Bacalar ist weitgehend in Privathand, man kommt nur an wenigen Stellen dran. Wer also entspannt am Ufer sitzen will, sollte vielleicht eher ein Hostal wie das Tortuga buchen, an dem ich auf dem Weg zum Cenote Azul vorbeigekommen bin. Es liegt allerdings sehr weit außerhalb. So oder so: Fahrräder sollte man mieten, das verkürzt den Weg, ich habe in der Posada Casa Madrid 100 Pesos für 24 Stunden bezahlt. […]

  2. […] habe ich letztes Jahr in Belize kennengelernt und bin dann mit ihm und dem Australier Louis ein paar Tage zusammen bis Tulum gereist.  Du musst nach Kolumbien kommen, hatte Aldemár gesagt. Und mich […]

Leave a Reply

Your email address will not be published.

You may use these HTML tags and attributes: <a href="" title=""> <abbr title=""> <acronym title=""> <b> <blockquote cite=""> <cite> <code> <del datetime=""> <em> <i> <q cite=""> <s> <strike> <strong>