grimo auf reisen

die welt liegt uns zu füßen

Ha Long, die Bucht

Ha Long Panorama

Damit das mal klar ist. In der Ha Long Bucht gibt es 1969 Inseln. Keiner mehr. Keine weniger. Denn 1969, das weiss unsere Guide auf dem Boot zu erzaehlen, ist das Todesjahr von Ho Chi Minh. „Do you know Ho Chi Minh? Very important!“, erklaert er noch schnell fuer eventuell unwissende. Und somit kann es keinen Zweifel geben. Es gibt exakt 1969 Inseln hier in der Ha Long Bucht. Zufaelle gibts.

Aber wenn etwas egal ist, dann die Zahl der Inseln. Wichtig ist die Form, die Anordnung, die Reihung, die schiere Unendlichkeit dieser steil aus dem Meer herausragenden Kreidefelsen. Wichtig ist das Bild, das eigentlich schon jeder im Kopf hat, der jemals einen Film ueber Vietnam gesehen oder einen entsprechenden Bidlband druchgeblaettert hat. Es ist die Bucht, durch die man ganz romatisch mit Junken segeln kann – auch wenn die heute allenfalls noch aus Showgruenden Segel haben. Man schippert mit Dieselantrieb.

Ha Long Aber deshalb sind wir hier. Wie alle Vietnam-Reisenden. Denn wer Ha Long verpasst, hat etwas verpasst. Der Trip laesst sich in Hanoi in jedem der tausend Reisebueros buchen. Zu fast jedem Preis. Mein Hotel-Manager wollte 120 Dollar fuer den Zwei-Tages-Trip. In einer Agentur habe ich schliesslich 37 Dollar bezahlt. Die anderen auf dem Boot nur 28 Dollar. Dafuer habe ich ein Einzelzimmer. Luxus.

Drei Stunden zuckelt ein mit 20 Passagieren dick bepackter Bus von Hanoi bis Ha Long City. Dort geht es auf eins der 800 Touristenboote. Zum Glueck bleiben die meisten heute im Hafen. Es ist Winter. Es ist kalt. Es ist bewoelkt. Dennoch sitzen wir nach dem Essen erstmal nur noch an Deck. Nach gut einer Stunde stoppt die Junke an einer der Inseln. Es gibt eine grosse Hoehle zu bewundern. Innen eindrucksvoll bunt ausgeleuchtet. Draussen soll es eigentlich noch Affen geben. Aber die sind wohl gerade im Urlaub. Oder es ist ihnen zu kalt.

Wer von den Reisenden eine Muetze hat, der traegt sie. Der Tauchlehrer aus Norwegen zum Beispiel, der seit Monaten in Sue-Ost-Asien unterwegs ist. Oder der Banker aus Australien, der seinen Job geschnissen hat und nun fuenf Jahre durch die Welt touren moechte. Im Sommer will er asl Teil der Reise mit Freunden ein Hotel in Laos eroeffnen. Die beiden Koreanerinnne, die nur fuer eine Woche in Vietnam sind, haben keine Muetze. Dafuer laecheln sie. Und ein kann deutsch. Ein wenig. „Guten Tag!“ Bei „Auf Wiedersehen“ wird es schon schwierig. Dann sind da noch drei Fransoesinnen, ein Carpenter from Canada, noch fuenf Koreaner, die Wodka an Bord geschmuggelt haben und dafuer spaeter an die Besatzung 5 Dollar Strafe zahlen muessen, drei chilenische Cousinen auf dreimonatiger Uni-Sommerferien-Reise, und Sven, aus Bayern, fast schon Salzburg, ein Vielreisender mit Fotostativ und entsprechendem Blog.

Das Bankenviertel in der Ha Long Bucht Den zweiten Stopp legt die Junke an einem schwimmenden Dorf ein. Hier koennte man ein Ruderboot mieten fuer einen Kurztripp zu einer Grotte. Aber gerade hat keiner Lust. Also weiter. Und dann ploetzlich aendert sich die Stimmung. Ploetzlich ist unsere Junke weit und breit das einzige Boot. Ploetzlich hoert das Schnattern an Deck auf. Und alles guckt nur noch. Und geniesst. Laesst sich Treiben mit dem Tuckern des Motors durch dies unglaubliche Landschaft, die genau diese Bezeichnung eigentlich nicht verdient. Bei alle dem Wasser. Jeden Augenblick aendert sich die Perspektive. Jeden Augenblick ein neues Bild. Mal liegen die Inseln weit hinten im trueben Licht der Wolken, grau in grau in grau in blau. Eine hundertfach angestufte Schattierung. Mal sind die Felsen zum Greifen nah. Mal segelt ein grosser Vogel vorbei. Mal hat eine kleinere Insel ein Loch und gewaehrt Durchblick. Mal sieht man von weitem ein paar Fischer. Mal kommt eine Frau angerudert mit frischen Fruechten in der Auslage. Mal ist ein kleiner Tempel auf der Spitze eines der steilen Felsen zu sehen. Und daneben die Antenne einer Handystation. Der Empfang ist einwandfrei. Eine nette SMS summt in der Hosentasche. Ein perfekter Ort.

Abends ankert das Schiff irgendwo mitten zwischen den Inseln. Es gibt nochmal essen und auf der Nachbarjunke Karaoke. Man koennte rueber gehen. Aber niemand will. Wir wollen Karten spielen, ein deutsch-chilenisches Quintett. Ein wunderbarer Abend, schon wieder.

Blick vom SchiffDer Morgen beginnt mit einem Blick aus der Kabine – uebers Wasser auf die Inseln. Geht es besser? Nach dem Fruehstueck nochmal ein Halt. Diesmal gibt es Zweier-Kajak, all inclusive. Sven und ich paddeln zu einer der Inseln mit einer halboffenen Hoehle, um einen andere Insel herum, durch eine kleine Grotte hindurch und zurueck zu unserem Schiff. Die Hosen sind nass und wir werden fuerchterlich frieren auf der Rueckfahrt. Tueren und Fenster auf dem Boot sind alles andere als dicht, der Wind nimmt zu, spaeter fallen ein paar Tropfen Regen. Aber wir wuerden die Tour sofort wieder machen. Zunaechst einmal haben wir nochmal Karten gespielt.

Nachtrag 1: Mein Glueck auf dieser Reise ist mein Schlafsack. Auf allen Reisen der letzten Jahre war er dabei, nie habe ich ihn gebraucht. Diesmal wollte ich ihn schon zuhause lassen, dann hat es sich doch wieder in den Rucksack gemogelt. Und jetzt waermt er mich seit der ersten Nacht. In Hanoi. Und erst recht auf der Junke. Wer jemals daran denkt, im Januar nach Vietnam zu fahren, sollte nicht vergessen, dass zumindest im Norden der Winter nicht nur so heisst. Obne in den Bergen bei Sapa solle es sogar geschneit haben. Mag es da noch ueberraschen, dass ich mich fure die Weiterreise Richtung Sueden entschieden habe?

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