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Merida. Stadt mit Kultur

Merida ist ein große Stadt und sie legt großen Wert auf Kultur. Gleich neben der großen Kirche an der zentralen Plaza zum Beispiel liegt das MACAY, das museo de arte contemporanio de yucatan, das wohl größte Museum für zeitgenössische Kunst hier im Südosten Mexikos. Alle drei Monate gibt es in dem zweistöckigen Kolonialbau eine neue Ausstellung. Gerade ganz frisch: moderne Architektur in Mexiko. Die Ausstellung zeigt unzählige Modelle zeitgenössischer Architektur aus den letzten rund 100 Jahren.

Schnell wird offensichtlich, dass Strömungen, die man in Europa unter Bauhaus einsortieren würde, auch hierzulande großen Einfluss hatten. Insbesondere im nachrevolutionären Mexiko und dann wieder vor allem im den 50er und 60er Jahren hatte eine Architektur mit klaren Linien, politischem Anspruch und einem festen Glauben an Stahl, Glas und Beton einen hohen Stellenwert.

Bestes Beispiel dafür dürfte die hier vielfach gezeigte Universitätsstadt in Mexico D.F. sein, ein hochmoderner und weitläufiger Campus, den ein Bibliothekstrumm überragt, dessen Außenseite großflächige Murales, also typisch mexikanische Wandbilder zeigen, denen – wenn ich sie richtig interpretiere – eine Verbindung von Futurismus und Indigenasymbolik gelingt.

Diese Bibliothek scheint zugleich Krönung, aber auch große Ausnahme der modernen mexikanischen Architektur zu sein. Denn in keinem anderen der ausgestellten Gebäude konnte ich einen ähnlichen Bezug zur Kultur der Maya oder Azteken überhaupt nur erahnen.

Dabei liegen doch viele Kulturen hier ganz offensichtlich nah beieinander. Zwischen dem Museum und der Kirche zum Beispiel gibt es eine mit Glasbögen überdachte Passage – die vor allem den Schall sehr gut weiterträgt. Und so ist ein Gang durch die moderne Architektur ständig mit den christlichen Gesängen aus der Kirche nebenan unterlegt.

Wie schwer sich die Oberschicht mit der das Land bildenden Mayakultur über die Jahrhunderte getan hat, kann man auch in der Casa Montejo sehen, dem alten Wohnhaus der Familie des Stadtgründers, das seine Nachkommen noch bis 1980 genutzt haben. Heute gehört es einer Bank, die aber nur die Räume hinter dem zweiten Hof nutzt. In den Zimmern rund um den ersten Hof kann man die alten Wohnräume der Familie besichtigen, wie sie im Eklektizismus des victorianischen Zeitalters bestückt wurden. In dem überbordenden Sammelsurium findet sich so einiges, von zeitgenössischer europäischer Malerei bis zu großen chinesischen Vasen aus irgendeiner Ming-Dynastie. Nur die eigentlich naheliegende Maya-Kultur fehlt komplett.

Dafür muss man schon ins Museo Antropologia pilgern, das in einem der Paläste am Paseo Montejo untergebracht ist. Dort sieht man im Ergeschoss eine gigantische Sammlung von Tongefäßen und -figuren, die die ganze Bandbreite zeigen, was man aus diesem Material alles hübsches Herstellen kann.

Im Obergeschoss schließlich widmet sich eine Auststellung erneut der mexikanischen Architketur, diesmal allerdings der Puuc-Kultur, die zwischen 500 und 1000 nach Christus das westliche Yucatan prägte. Die Ruinenstädte in der Nähe von Merida, zum Beispiel die von Uxmal wurden in diesem Stil errichtet.

Mal sehen, ob ich es dort noch hinschaffe.
Abends gibt es dann noch eine ganz andere Kultur. Auf der Plaza Santa Ana, benannt nach der dortigen Kirche, in der selbstverständlich auch gerade bei offenen Türen eine Messe stattfindet, gibt ein Open-Air-Konzert. La noche del jazz, ist Teil des Merida FEST, mit dem die Stadt wochenlang im Januar ihre Gründung vor 473 Jahren feiert.

Heute spielt zunächst die Merida Big Band zusammen mit einem us-amerikanischen Sänger die Hits von Frank Sinatra und ähnliches Zeugs. Dann kommt ein etwas gewöhungsbedürftiges Quartett mit einer Querflötistin, die vor allem belegt, dass man unter dem Label Jazz offenbar sehr verschieden Arten von Musik laufen lassen kann.

Abschluss und Höhepunkt des Abends ist Patax, ein Jazzfusion-Quartett aus Spanien, das zunächst einige Instrumentalstücke spielt, dann aber zusammen mit einer schwarzen Sängerin und einer mexikanischen Flamencotänzerin reihenweise Hits von Michael Jackson covert – und zwar in einer bemerkenswert eigenständigen Art, so dass Flamenco, Jazz und Pop ganz wunderbar fusionieren. Das macht Spaß und nicht nur mir. Die vielen Meridianos und die Handvoll Touristen applaudieren kräftig.

Bis auf den Besuch des Antropologie-Museum war übrigens alles kostenlos. Das ist Teil der hiesigen Kulturpolitik, die das Motto „Merida para todos“ ernst nimmt. Und nebenbei auch gleich den Wahrheitsgehalt des zweiten Stadtslogans belegt. „Merida, ciudad de los felices.“ (Merida, Stadt der Glücklichen)

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