grimo auf reisen

die welt liegt uns zu füßen

Paris, New York, Santo Domingo, Worpswede

Strandurlaube sind Leseurlaube. Da bewegt man sich in der Sonne fast gar nicht. Mental aber reist man um die halbe Welt. In diesem Sommer haben mich anderem diese vier kleinen Reiseromane beglückt:

Paul Auster: „Sunset Park“

Nach New York müsste ich eigentlich so oder so dringend irgendwann mal wieder. Wie schön wenn man ersatzweise wenigstens guet Literattu zur Hand hat. „Sunset Park“ von Paul Auster spielt im heutigen, von der Wirtschaftskrise nicht unbedingt gebeutelten, aber doch betroffenen New York. Dort finden sich vier Menschen zusammen, um sich in einem leerstehenden alten Haus einzurichten. Ja, sie besetzen es. Illegal. Mit der Welt der Berliner Hausbesetzer in den 80er und 90er Jahren hat das aber wenig zu tun. Die Bewohner führen keinen politischen Kampf. Es ist für sie vielmehr eine Notwendigkeit, in die man auch trotz gutbürgerlichem Mittelklassehintergrund schnell abrutschen kann. Sei es, weil man als Akademiker nichts mehr verdient, als kleiner Handwerker sowie nichts – oder weil man mal eben vor der Familie der Liebsten fliehen muss. Der Roman lebt von seinen präzise gezeichneten Figuren. Sehr lesenswert.

Junot Diaz: „Das kurze Leben des Oscar Wao“

Wen man es genau nimmt, ist „Das kurze Leben des Oscar Wao“ auch ein New-York-Roman. Oder zumindest ein New-Jersey-Roman. Denn dort lebt die Famile des titelgebenden Hauptprotagonisten heute. Ihre Wurzeln aber hat sie in der Dominikanischen Republik. Wer diese halbe Insel bisher nur als Urlaubsparadies mit großem Strandpotenzial abgespeichert hat, sollte dieses Buch unbedingt lesen. Denn es erzählt in sehr unterhaltsamen Ton nicht nur die Geschichte einer in die USA ausgewanderten Familie, sondern vor allem die lange und drückende Zeit der Diktatur in DomRep. Mit vielen Fußnoten, die dem Werk fast ein wissenschaftliches Aussehen verpassen, die tatsächlich aber nur den zynisch-ironischen Stil des Autors fortsetzen. Ein toller Fund und wunderbarer Urlaubsschmöker. Pflichtlektüre für DomRep-Reisende!

Moritz Rinke „Der Mann, der durch das Jahrhundert fiel“

Der Titel. Ja, dieser Titel klingt ansprechend. Er zieht den Leser ins Buch. Und das Buch ist auch nicht schlecht. Im Gegenteil. Nur der Titel will bis zum Ende irgendwie nicht passen. Auch wenn es um eine weit ins 20. Jahrhundert zurück reichende Geschichte geht. Der Roman beginnt im hippen Berlin-Mitte am Rosentahler Platz, wo der Galerist Paul Wendland gern seinen Kaffee schlürft. Dummerweise liegt seine Galerie ein paar hundert Meter von hier die Brunnenstraße rauf. Die Ecke gehört zwar verwaltungstechnisch heute zum gleichen Bezirk Mitte, liegt aber im Ortsteil Wedding. Weiter weg vom hippen Mitte könnte man kaum sein. Und deshalb kommt auch niemand in Wendlands Galerie. Stattdessen kommt die Nachricht von seiner Mutter, dass er sich doch um das alte Haus der Familie im Künstlerdorf Worpswede kümmern soll, dass im Torfmoor zu versinken droht. Und so geht Wendland vom heute hippen Berlin ins einst hippe Worpswede und trifft dort Menschen, die ganz anders, aber irgendwie auch genauso skurill sind, wie das Volk, was sich heute in der Hauptstadt rumtreibt. Das Buch hat ein paar Längen, aber am Strand hat man ja Zeit. Insgesamt ein lesenswerter Deutschlandroman.

Alex Capus: „Léon und Louise“

Wenn man schon in Frankreich am Strand liegt, dann muss man wenigstens ein Buch mitnehmen, dass in dieser Gegend spielt. Oder zumindest in diesem Land. In diesem Sommer fiel die Wahl auf „Léon und Louise“ von Alex Capus. Ein leichter,  beschwingter Roman, der von der einen großen Liebe erzählt, die aufgrund der Wirren von gleich zwei Weltkriegen ein paar Jahrzehnte braucht, um endlich, endlich, …  Oder doch nicht? Alles in allem ein einfach vergünglicher Lesestoff.

Und dann war da noch „In Plüschgewittern“ von Wolfgang Herrndorf, aber dazu hab ich mich hier schon geäußert.

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