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San Gil: Die Nachrichten

Zunächst das Wetter: Es regnet! Tatsächlich, am Montagmorgen fällt Wasser vom Himmel. Jetzt nicht gerade in Strömen, die Menschen auf der Plaza plaudern ungestört weiter, keiner flüchtet sich unter ein Dach. Also alles andere als ein tropischer Guss. Aber immerhin. Und längst überfällig. In der Zeitung stand, dass hier in San Gil wegen der anhaltenden Trockenheit neuerdings eine Wassersperre von 22 Uhr abends bis 4 Uhr morgens gelten soll – weil das Klimaphänomen El Niño hier alles durcheinanderbringt.

Gefährliche Abenteuer: San Gil ist der Hotspot für alle Reisenden, die den ultimativen Kick suchen. Rafting, Canoying, Caving, Bungee Jumping, Paragliding. Hier wird alles angeboten, zumal es in der Umgebung reichlich Canyons und andere Täler gibt, die sich dafür anbieten. Dass das nicht ganz ungefährlich ist, erfährt man allenfalls beim Blick in die Lokalpresse. Die Vanguardia berichtet seit Tagen über eine junge Amerikanerin, auf die – wenn ich es richtig verstanden habe – beim Kanufahren durch eine Wildwasserschlucht ein Felsbrocken aus 25 Metern Höhe stürzte. Sie wurde – in der Nähe der kleinen Ortschaft Berlín – lebensgefährlich verletzt und inzwischen in die USA ausgeflogen. Die ersten Artikel krisitiserten vor allem die Touranbieter aus San Gil, die Touristen in die Schlucht bringen, obwohl klar sei, dass durch die große Trockenheit die Gefahr für Steinschlag sehr hoch sei. Abends ein paar andere Reisende getroffen. Der eine war gerade beim Bungee Jumping, die anderen beim Paragliden. Ich bin ja zum Glück nicht so der Extremsportler und guck mir das nur von weitem an.

Essen (1): irgendwas war nicht so, wie mein Magen es wollte. Er revoltiert und treibt mich aufs Klo. Eine leider übliche Begleiterscheinung von Lateinamerikareisen. Aber nach nicht mal einer Woche? Echt jetzt? Ich freue mich über mein überdurchschnittlich sauberes Bad im überdurschnittlich angenehmen Dormitorio hier in meinem Hostal La Mansion, in dem ich einen verdösten Montag zwischen Hängematte und Bett verbringe. Dann geht es wieder.

Essen (2): Deutschland hat es in die hiesige Lokalzeitung geschafft, weil la cancillera Angela Dorothea (so wird sie im Laufe des Textes genannt, der Nachname steht ja schon in der Überschrift) in Brüssel nach langen Verhandlungen Pommes Essen gegangen ist.

Deutschland (2): die führende Drogeriekette am Ort heißt „Drogueria Aleman“. Der Name scheint das Vertrauen der Kundschaft zu erhöhen. Drinnen wird man bedient, wie in einer Apotheke – oder wie in den meisten der kleinen Läden hier – man bekommt die Ware auf Anfrage über die Theke gereicht. Und man lernt, dass Pflaster curita heißt, zumindest hier in Kolumbien, wo immer gern die Verkleinerungsform genutzt wird. Auf der Verpackung steht dann das offizielle spanische Wort: cura.

Essen (3) oder besser Trinken (1): in der Markthalle gibt es reihenweise Stände an denen frische Säfte oder Batidos (Milchshakes) verkauft werden. Großartig. Wunderbar. Lecker. Zuletzt hatte ich so ein Saftparadies in Sucre, Bolivien, gefunden. Wenn man hier das Glas laut genug mit dem Strohhalm leerschlürft, bekommt man noch den Rest aus dem Mixer nachgeschenkt. Manchmal ist das ein komplettes zweites Glas, ohne Aufpreis. Da kann man glatt nochmal hingehen. Muss man!

PS: Bananen heißen hier tatsächlich Bananen, dabei hatte ich doch auf vergangenen Reisen verstanden, dass man die in Südamerika eher Platanos nennt. Platanos, sagt die Saftverkäuferin, gebe es hier auch, aber das seien doch eher die grünen Kochbananen. Die wiederum heißen in anderen Ländern platano verde. Man lernt nie aus. Auch dass Bananen in Kolumbien männlich sind, also bananos, nicht bananas, wie anderorts üblich.

Nein, heißt nein: Präsident Santos hat in einem Interview betont, dass der Friedensprozess mit der Guerilla FARC sofort und definitiv beendet werde, falls bei der Volksabstimmung mehrheitlich mit Nein gestimmt werde. Santos will bis spätestens 23. März die Friedensverhandlungen in Havanna beenden. Rein rechtlich sei die anschließende Volksabstimmung nicht notwendig, aber er habe sie versprochen und stehe zu seinem Wort, sagte Santos. Schon die letzte Wahl war einer Abstimmung über den Friedensprozess gleichgekommen. Santos, der die Verhandlungen mit der Guerilla begonnen hatte, gewann mit hauchdünnem Vorsprung gegen seinen Amtsvorgänger Uribe, der für eine militärische Bekämpfung der Guerilla stand und steht.

Stadtpark: der dschungelige Stadtpark unten am Fluss ist dienstags geschlossen. Also zumindest diesen Dienstag. Zwar sitzt im Kassenhäuschen am Eingangstor ein Uniformierter, aber der sagt nur, dass ich morgen wiederkommen soll – was blöd ist, den morgen bin ich hoffentlich schon in Santa Marta an der Karibikküste, gerade erst hab ich mir das Ticket für den Nachtbus gekauft.

Wasserfall: dann muss ich eben doch raus in die Natur. Ein Bus rumpelt die Schlaglochpiste nach Charala rauf, die zudem gerade ausgebaut wird. Nach einer Stunde sind die 22 Kilometer bis zu den Wasserfällen geschafft. Die sind wenig spektakulär, aber hübsch. Und angeblich 180 Meter hoch. Das kann man aber nur zu Beginn des knapp 20-minütigen Weges erahnen. Direkt vor Ort in der engen Schlucht, in der man auch Baden könnte (wenn man denn an passende Kleidung gedacht hätte -grmpfgrnx!!!) sieht man nur die untere, maximal 50 Meter hohe Stufe. Von der hängen zwei Seile runter, an denen später Touris herunterrutschen. Auch das fällt für mich unter gefährliche Abenteuer. Zugucken reicht völlig. Und die kühlende Gischt bekommt man auch so ab.

Bergziegen: wundert sich irgendjemand, dass bei Radrennnen wie der Tour de France immerwieder Kolumbianer weit vor liegen, insbesondere wenn es bergauf geht? Hier ist bergaufstrampeln offenbar Nationalsport. Finde eine steile Serpentinenstecke und du wirst einen Mann im bunten Radsportdress hinaufspurten sehen. Garantiert!

Das beste zum Schluss: „Para casos imposibles trabajos poderosos“ – also in etwa „kraftvolle Arbeiten für unmögliche Fälle“ kann man hier in San Gil in Anspruch nehmen. Das verspricht zumindest ein Flyer, der mir gerade an der Fußgängerbrücke in die Hand gedrückt wurde. Probleme mit der Liebe, Pechsträhnen, Impotenz, bösen Nachbarn, mit Autos oder Geschäften etc. werden umgehend gelöst. Für nur 20000 Pesos pro Sitzung. Mit Erfolgsgarantie! Innerhalb und außerhalb der Stadt! Bei Bedarf: ich habe die Handynummer von Hermano Daniel, der dieses unzweifelhafte Angebot macht.

One response to “San Gil: Die Nachrichten”

  1. […] SAN GIL: Das unspektakuläre Städtchen in den Bergen bietet sich zunächst mal als Zwischenstation auf dem langen Weg an die Küste an. Es ist zudem aber auch beste Station für Ausflüge in die sehenswerte Umgebung. Wer anders als die meisten Backpacker nicht wegen diverser Abenteuersportarten hier ist, kann zum Beispiel einen Ausflug ins sehr hübsche Barichara machen (Busfahrt ca. 45 Minuten, 4.600 Pesos) und von dort die lohnenswerte Wanderung nach Guane (Rückfahrt mit dem Bus gut 90 Minuten, 6.000 Pesos) oder den allerdings wenig spektakulären Ausflug zu einem Wasserfall (Bus: 5.000 Pesos, Eintritt: 7.000 Pesos). Zudem bietet San Gil trotz der Backpacker einen Einblick in normales kolumbianisches Leben, spätestens wenn man die zentrale Plaza verlässt. […]

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