grimo auf reisen

die welt liegt uns zu füßen

Tarifa: die Frauen

Am Sonntagabend kraxeln wir mal wieder den Berg hoch, durch die schöne Puerta Jerez in der Mauer um die Altstadt in die höhere gelegene Neustadt, du zwei Vorteile hat – also vor allem für Herrn Oppermann. Sie ist weitgehend eben und asphaltiert.

Wir wollen ins Eco Center, das anders als sein Name vermuten lässt, vor allem eine Pizzabar ist. Rappelvoll und im Innenteil wegen hoher Stufen für Holger  leider nicht zugänglich. Also heiße ich ihn draußen vor dem Tore zu warten, das in den Hof führt, aber leider verschlossen ist.

Drinnen herrscht Hochbetrieb, es dauert, bis ich eine Kellnerin bitten kann, uns das Tor aufzuschließen. Als sie dann endlich kommt, ist Holger weg! Schon drinnen, weil … keine Ahnung, selbst ist der Mann. Und für Fragen ist jetzt keine Zeit, denn schon beginnt der Auftritt von Klan Manoukas und deswegen sind wir schließlich hier.

Wir haben die drei Frauen schon an unserem ersten Abend in der Galerie von Blanca Orozco gesehen, da hatten sie aber nur einen Gastauftritt, hier sind sie der Hauptact. Judith, eine Argentinierin mit Ukulele und Stimme, Dana, eine Italienerin mit Rassel und Rastas, die ebenfalls singt und tanzt, und Mara, eine spanisch-britische Akustikbassistin. Sie covern vor allem bekannte Popsong, interpretieren sie aber auf wunderbar leichte Art, das Ganze. Macht Spaß, die Masse ist begeistert und Obergroupie Oppermann besonders glücklich, als er nach dem Konzert ein Fanselfie mit den Dreien machen darf.


Meine Infos über die Band habe ich vor allem von Axel, einem freundlichen Schwabenhippie mit kratziger Stimme und Joint, der schon vor 20 Jahren hier in Tarifa hängen geblieben ist. Er macht auch Musik, klar, spielt Flöte und diverse andere Instrumente, vor allem aber die indische Tabla, und erzählt, dass er schon mit allen hier gespielt hat. Mit den drei Frauen vom Klan, dem Gastgitaristen in mit dem Bassisten, die Teil des Hauptacts in der Galerie waren und hier als Gäste auftreten, mit Fernando, dem bärtigen Cajon-Spieler mit der Tom-Waits-Stimme, der Flyer für Veranstaltungen auf der Straße verteilt. Und der natürlich heute auch hier ist, genau wie Alexandra, die deutsche Sängerin aus dem Waltour-Büro. Schöne kleine Welt. Es ist ein Fest und man möchte bleiben, mindestens für immer, und mit Menschen wie der Sprachlehrerin Veronica und ihrem Franzosen zu parlieren. Irgendwie schaffen wir es dann aber doch den Berg wieder runter und ins Bett.


Am nächsten Morgen auf einer der kleinen Plazas in der Altstadt winkt mich aufgeregt eine ältere Frau zu sich, die auf einem Stuhl vor einer Café-Bar sitzt. Sie trägt eine leuchtend violette Jacke, auffällige Ohrringe mit weißen Steinen unter einem Hütchen, dazu einen sehr lebendigen, nur zum Teil aufgeschminkten Teint im Gesicht. Auch wenn es auf den ersten Blick nicht so aussieht, erklärt sie mir sehr direkt, dass sie ja arm sei, ganz im Gegensatz zu mir, dem Deutschen, und dass ich ihr ein Münzchen geben solle, ein Euro zum Beispiel. Ich lasse mich gern von ihr überrumpeln, reiche ihr das Gewünschte und werde prompt zum Teil der Guten in dieser Welt erklärt, die ja so selten seien, es gebe so viele schlechte Menschen, auch hier in Tarifa, sie sei ja schon immer hier gewesen, 94 Jahre sei sie, so alt sehe sie wirklich nicht aus, entgegne ich, höchstens 70, worauf sich mich als Charmeur bezeichnet und ihr fröhlicher Teint noch ein wenig roter wird. Eine ihrer Töchter hat nach Köln geheiratet, und sie selbst habe ja früher dieseLaden gehabt, gleich um die Ecke, kommen Sie, kommen Sie, sagt la viejita, rafft sich von ihrem Plastikstuhl hoch und trippelt bis an die Hausecke. Dahinten, sagt sie, sehen Sie die beiden Türen?, da war der Laden, Obst, Gemüse, was man so brauche. Sie strahlt.

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