grimo auf reisen

die welt liegt uns zu füßen

Tel Aviv: ein Bad am Ende des Jahres

Die Welt ist ein Kugel. Und Katha mag es, wenn es rund geht. Wir eilen vom Flughafen, wo die Stewardess im Easyjet sich nach der Landung wegen der Sonne bei ihrer abschließenden Ansprache gar nicht mehr einkriegen konnte, bis sie zur allgemeinen Freude der Passagiere vom Piloten unterbrochen wurde, direkt zum Strand. Das heißt, erst stehen wir 45 Minuten in der Schlange vor der Passkontrolle, dann warten wir auf den Zug ins Zentrum, danach spazieren wir unter Betonhochstrassen am lärmenden Verkehr vorbei in die Stadt, bis wir plötzlich in eine kleinere Straße geraten, an der sich ein intensiv duftender Gewürzladen an den nächsten reiht. Und wo es in einer Seitengasse ein kleines Café mit ein paar Tischen draußen in der Sonne gibt. Und Brownies mit Creme. Und einem Pärchen mit Baby an der Brust und einem bärtigen Freund, der die ganze Zeit redet. Und einem Treppenhaus aus Beton nebenan, das auch der Architekturstilrichtung Brutalismus entstammen könnte. Und der Inhaberin eines kleinen Ladens, die die Kellnerin unseres Cafés anraunzt, weil die Tische zu nah vor ihrem Schaufenster stehen, an dem eh niemand vorbeikommt. 

In der Luft eine Ahnung von Frühling. Etwas feucht, lauwarm. Ein Aufatmen. Es ist der 31. Dezember.

Bis zum Strand sind es nochmal nur ein paar Minuten zu Fuß. Es gibt wilde Wellen, Katha springt rein. Sie ist nicht die einzige. Aber die meisten bleiben wie ich am Strand und genießen die Aussicht. Den leichten Wind. Die Sonne im Gesicht. Eine Welle spült sich fast bis an meine Schuhe.

Schon um kurz nach vier versinkt die Sonne, noch nicht hinter dem Horizont, aber hinter einer Wolkenfront, die über der Halbinsel von Jaffa heraufzieht. Es wird spektakulär. Die Sonnestrahlen durchbrechen die Wolken, ein unvergleichliches Schauspiel, das alle paar Minuten die Aussicht ändert. Man wartet nur darauf, dass jetzt gleich eine Fanfare, ach was, ein ganzes Filmorchester anhebt und irgendwer von Himmel steigt. Oder hinaufschwebt.

Ein Mann fotografiert stundenlang ein junges Mädchen im weißen Kleid und mit Blumen im Haar vor dieser Kulisse. Was für ein Jahresausklang.
Mit zwei Bussen fahren wir nach Ramat Gan, einer Stadt östlich von Tel Aviv, die sich aber eher wie ein Stadtteil anfühlt. Die Fahrt klingt einfacher, als sie ist. Denn wenn man in einem Land ist, wo man die Schrift nicht im Ansatz lesen kann, muss man ganz auf die akustischen Haltestellenansagen vertrauen. 

In Ramat Gan schlafen wir bei Daniel und seinem Freund Gabriel, die dort seit ein paar Monaten in einer hübschen , wunderbar geschnittenen Wohnung mit Balkon, Wintergarten etc. in einem dieser für Tel Aviv typischen, meist zum Teil auf Stelzen stehenden Dreigeschosser. 

Wir essen und fallen bald nach Mitternacht ins Bett, während die anderen noch zu einer Silvesterparty fahren. Es gibt fast kein Knaller. Es ist wunderbar ruhig. Was für ein Jahresausklang, was für ein Jahresanfang!!

One response to “Tel Aviv: ein Bad am Ende des Jahres”

  1. […] finden sich nun Texte unter anderem aus und über Tel Aviv, Haifa, Akko, einem Kibbuz im Norden, Nazareth, Sfat, Jerusalem, sowie vom Golan und vom Toten […]

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