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Der rote Bulli – Kunst in Düsseldorf (1 + 2)

Man kann in Düsseldorf tatsächlich in der Altstadt ein Alt trinken. Kann man. Muss man aber nicht. Man kann genausogut seine Zeit in den zahlreichen Museen vertrödeln. Erst recht, wenn gerade ein Kunstfestival wie die Quadriennale läuft. Dabei unterscheidet sich die Qualität der Ausstellungen auf den ersten Blick nicht unbedingt von der sonstigen Zeit. Aber das macht nichts. Es ist so oder so gut. Oder richtig sehenswert.

Stephen Shore Church Street and Second Street, Easton, Pennsylvania, June 20, 1974 (c) Stephen Shore, Courtesy 303 Gallery New YorkWir waren am Freitag zunächst in der Ausstellung „Der rote Bulli“ – im NRW-Forum. Sie zeigt eine hervorragend Auswahl von Alltagsfotographie. Mal wunderbare Bilder aus dem Zyklus ds US-Amerikaners Stephen Shore. Mal mehrere Serien von Bernd und Hilla Becher bzw. ihren Schülern an der hiesigen Kunstakademie. Und alle zeigen und dokumentieren das offensichtlich Unwichtige. Straßenschluchten. Leere Verpackungen. Gleisunterführungen. Und immer wieder Tankstellen. Sie tauchen an mehreren Stellen in völlig unterschiedlicher Art und Weise auf. Mal als hochmodernes Stylemonster, mal als wackeliges Etwas irgendwo in der amerikanischen Pampa. Ein Künstler hat in den 70ern sämtliche Tankstellen einer Bundesstraße fotografiert. Jeweils als Ansicht der Tankstelle von der anderen Straßenseite und dazu im Gegenschuss den Blick von der Tankstelle auf die Gegenseite. Rund 30 Jahre später kann der Betrachter nicht nur das Kunstwerk als solches genießen, es ist zudem ganz nebenbei zu einem Zeitdokument geworden, was sich hier etwa an den Benzinpreisen (90 Pfennig pro Liter) oder den Werbetafeln in der Gegend (zB. für Helmut Schmidt) ablesen lässt. Insgesamt eine mehr als lohnende Ausstellung.

Kris Scholz Tankstelle, Düsseldorf, 1984 (c) VG Bild-Kunst, Bonn

Gleich ums Eck zeigt die Kunststiftung NRW im museum kunst palast die Preisträger des Nam June Paik Awards 2010. Und die meisten der ausgestellten Arbeiten werden dem Patron des Preises mehr als gerecht. Gezeigt werden zwar gerade mal zehn Werke, aber die haben es in sich. Gleich der erste Raum dürfte eigentlich jeden Besucher mindestens zum Schmunzeln bringen. „Jungel Jam“ von Chelpa Ferro zeigt fast 30 olle Plastiktüten, die jeweils an einer Art Mixer an den Wänden verteilt hängen – und ein rhytmisches Konzert geben. Denn die Mixer sind so programmiert, dass die Tüten in einer gekonnten Choreographie sich drehen, rascheln und an die Wände klatschen, dass es ein echtes Vergnügen ist.

Sehenswert auch die videographische Umsetzung eines Polizeiverhörs durch Ignas Krunglevicius. Oder die fünf nebeneinander projezierten Videodokumentationen von Ali Kazma über sehr unterschiedliche Qualitätsarbeiten (sie reichen von der Jeansproduktion über den Edelkoch bis zum Gehirnoperateur). Der absolute Knaller aber ist die Installation „„Braun Tube Jazz Band“ von Ei Wada, der entdeckt hat, dass sich Töne steuern lassen, wenn man mit den Händen über alte Braun-Fernsehgeräte gleitet. Das kann man bei einigen wenigen Live-Vorführungen erleben, im guten Doku-Video anschauen – oder selbst ausprobieren. Vor der Installation liegt ein Kabelanschluss auf dem Boden. Da muss man drauf treten – und los geht’s. Interaktiv, wie zeitgemäße Kunst sein sollte.

Und hier noch der Hinweis für Rollstuhlfahrer. Beide Ausstellungsgebäude sind recht gut für Rollifahrer erreichbar. Beim NRW-Forum befindet sich der Rollifahrer-Zugang auf der Rheinseite, etwas versteckt leicht rechts vom Mitteltrakt aus gesehen. Beim museum kunst palast gibt es einen Rolli-Zugang links von der Treppe zum Haupteingang. Bei beiden muss man klingeln und wird dann vom freundlichen Personal geleitet. Es gibt Rabatt für Rollifahrer und kostenlosen Eintritt für einen Begleiter. Und da sich Herr Oppermann im kunst palast noch freier in seiner internen Bewegung und somit etwas wohler als im NRW-Forum fühlte, kommt er zu folgender Bewertung:

rollstuhl.jpgrollstuhl.jpgrollstuhl.jpgrollstuhl.jpgrollstuhl-negativ.jpgrollstuhl-negativ.jpg für das NRW-Forum

rollstuhl.jpgrollstuhl.jpgrollstuhl.jpgrollstuhl.jpgrollstuhl.jpgrollstuhl-negativ.jpg für das museum kunst palast

Mehr Kunst in Düsseldorf gibt es hier!

One response to “Der rote Bulli – Kunst in Düsseldorf (1 + 2)”

  1. herr grimo sagt:

    Nachtrag:
    Der rote Bulli hängt nun als Riesenposter bei Herrn Oppermann. Und in dieser Dimension ist ein hübsches Detail zu erkennen. Im Fenster des Hauses hinter dem Bulli sitzt ein Junge, hinter dem Schild „Dr. Harry Ungeleider Dentist“. Er sieht nicht glücklich aus.

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