grimo auf reisen

die welt liegt uns zu füßen

White West & The Blue Fuzz @ Schokoladen

„Das hat es ja noch nie gegeben!“ Der Typ mit der tiefsitzenden Wollmütze schüttelt den Kopf. Es ist gerade mal viertel vor zehn, aber die Band ist schon fertig. Man habe alle Songs bereits gespielt, verkündet der Sänger von White West. „Anfänger!“, schimpft  der Typ mit der Mütze und drängelt sich zurück druch die buhende Menge hinter die Theke mit dem Mischpult. Die drei Jungs von White West müssen dann halt einen Song nochmal spielen, um das hier irgendwie zu retten. Denn das ein Konzert im Schokoladen vor 22 Uhr endet, also vor der durch Klagen lästiger Anwohner vorgegebenen Nachtruhe, das geht ja nur wirklich nicht.

White West gehen eigentlich auch so nicht. Oder sagen wir mal: geht so. Das Berliner New-New-Wave-Trio – Schlagzeug, Gitarre, Bass, ja vor allem Bass – macht offensichtlich einen auf Cure-finden-wir-gut-also-rocken-wir-auch-mal-wie-unsere-Helden-Band. Und damit das auch jeder mitbekommt, beschreiben sie sich selbst in der Bandinfo auch noch als „Three imaginary boys“, was zufälligerweise der Titel des Cure-Debut-Albums war.

Das muss ja nicht schlecht sein. Vor allem, wenn wie hier mal Songs fast ausschließlich von der auf dem Bass gespielten Melodie getragen werden. Ab und an meint man zudem Ankläge an Joy Divison und ähnliches rauszuhören. Auch nicht falsch. Aber muss der Bass spielende Sänger, dann auch so bei jedem Song mit nach oben schielenden Pupillen so leicht entrückt gucken wie der Cure-Sänger Robert Smith? Und müssen seine zunehmend verschwitzen Haare dann auch noch mehr und mehr an dieses stilbildende Vogelnest auf Robert Smiths Kopf erinnern? Hm. Tja. Nun.

Klassen besser waren hingegen The Blue Fuzz. Ebenfalls ein Trio, das als erste am Mittwochabend die kleine Schokoladenbühne bespielte. Sie saßen da, relaxed zurückgelehnt auf Holzstühlen, der links mit Gitarre, der rechts mit so was ähnlichem wie eine Gitarre, nur kleiner und mit nur vier Saiten, und der in der Mitte mit ein paar Elektoreglern, einem kleinen Keyboard oder auch mal mit einem lustigen klimpernden Schlüsselbrett, vor allem aber mit zwei Plastikpolizeischweinen, mit denen er die Zugabe wunderbar amüsant vergrunzte.

Leichte, zarte, zerbrechlich vor sich hin wabernde, kleine, mehrstimmig einschmeichelnde Songs von drei Typen, die offensichtlich wissen, wie ein Song funktioniert.

Der Mittwochabend hat mal wieder gezeigt: ein Besuch im Schokoladen lohnt eigentlich immer, aber nicht immer wegen der letzten Band.

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