grimo auf reisen

die welt liegt uns zu füßen

Buenos Aires – eine erste Nase voll

Buenos Aires

Der erste Eindruck – ist der Geruch. Er ist, nun ja, etwas streng. Suesslich. Modrig. Leicht gammelig haengt er in der schwuelen Luft ueber den Strassen des Stadtviertels San Telmo. Aus den Ritzen zwischen dem Kopfsteinpflaster und den Resten alter Strassenbahnschienen waechst bueschelweise Gras, aber das kann es nicht sein. Es sind wohl die hier ueberall herum stehenden ueberquellenden Muelltonnen. Die schmilzenden Pizzareste darin. Und auch die zahlreichen Hunde, die hier alle durch die Strassen fuehren, duerften mit ihren Hinterlassenschaften einen Anteil haben. Es ist jedenfalls das komplette Gegenteil von Buenos Aires – guten Lueften.

Der zweiten Eindruck ist – die Stille. Die Millionenstadt ist ruhig. Es fahren kam Autos. Ab und an dieselt ein Bus durchs Viertel. Es sind kaum Menschen unterwegs. Und das liegt nicht an der Hitze, die sich seit fuenf Tagen ungewoehnlich lange haelt – wie die lokalen Zeitungen klagen. Auch die Geschaefte sind zu. Und das an einem Donnerstag! Es ist, so laesst sich dann nach einigem herumfragen ein Feiertag. Ein neuer Feiertag, eingefuehrt von Praesidentin Cristina Kirchner, zum Andenken an, tja, so genau habe ich es auch nicht verstanden. Aber jedenfalls wird er zum ersten Mal begangen. Das erzaehlt jedenfalls der junge Typ in La Boca, der mir eigentlich am liebsten eine seiner Tango-Touren verkauft haette, dann aber doch einfach mit mir ueber dies und das, das Wetter und natuerlich den Fussball redet.  Denn im Stadtteil La Boca liegt eins der vielen Stadien der Stadt. Hier spielen die Boca Juniors in „la bomboniera“ und weil Fussball hierzulande zum Kulturgut gehoert, stauen sich die Touristenbusse davor – auch wenn hier gerade gar nicht gespielt wird.

Ein paar hundert Meter weiter treffe ich den Touristenbusse samt ihrer Insassen wieder. Es gibt am Hafen von La Boca eine kleine Gasse, die alle Besucher der Stadt unbedingt einmal gesehen haben muessen. Jedenfalls sind alle hier, sitzen in den fuer sie bereitgestellten touristischen Restaurants und schauen beim Essen dem Tango tanzenden Paar zu, das jedes Restaurant extra im Angebot hat. An einer Ecke der buntbemalten Gasse sitzt ein Doppelgaenger von Diego Maradona und laesst sich gegen Geld fotografieren. Er sieht tatsaechlich aus wie das Idol, sogar der Bauchansatz ist da. Jedenfalls sieht er dem Fussballgott deutlich aehnlicher als all die Pappmachefiguren, die hier auf Balkonen, Dachkanten oder in Geschaeftseingaengen stehen und die man nur als Maradona erkennen kann, wenn man den nicht kennt. Aber vielleicht sollen sie ja auch Messi darstellen. Wer weiss das schon?

Wer wissen will, warum die ganze Welt sich dazu entschieden hat, gerade diese Gaesschen am Hafen zu besuchen, muss ein paar Meter weiter das Museo Benito Quinquela Martin besuchen. Es ist benannt nach dem Maler, der hier im Viertel gelebt und gemalt hat – und irgendwann sich entschieden hat, hier in diesem Haus eine Kunstschule einzurichten, um sein Wissen weiterzugeben. Und der nebenbei auch die Idee hatte, so erfaehrt man im Museum, den „caminito“, also das Gaesschen, das nun all die Touristen besuchen, als Ort der Malerei und Kunst zu bewerben.

Das allerdings erfaehrt von den Massen niemand, denn das Museum ist nahezu leer. Die darin gezeigte Malerei muss man auch nicht unbedingt gesehen haben. Man sieht vor allem, dass Quinquela Martin den Hafen besonders dann gern gemalt hat, wenn es dort brannte oder ein kaputtes Schiff am Pier lag. Aber der Blick von der mit Skulpturen bestueckten Dachterasse, der lohnt dann doch.

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Cafe Hipopotamo, Buenos AiresDas bisher Schoenste: die Entdeckung, dass die Stadt eine Reihe von den wirklich schoenen alten Cafe-Bars unter Denkmalschutz gestellt hat. Ich war im Cafe Hipopotamo und habe dort bei der Kellnerin ein typisches argentinische Cafe-Fruehstueck bestellt. Sie musste erstmal nachfragen, weil sie aus Italien kommt und erst seit einer Woche da arbeitet. Dann brachte sie Milchkaffee mit zwei suessen media lunas, also Halbmonden. Man haette auch Croissant sagen koennen. Lecker aber war es so oder so.

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Das bisher Allerschoenste: Das Hostal Artfactory in San Telmo ist, wie der Name schon sagt, knallbunt bemalt. Und am Morgen laueft Jimmy Hendrix im Aufenthaltsraum. entsprechend bunt international ist das junge Travellerpublikum, das man abends an der Bar auf der Dachterasse trifft. Und schon sitzt man wenig spaeter mit einem Finnen, der in Schweden lebt, eine Schwedin, die in Norwegen arbeitet und einem Chilenen, der in Schweden aufgewachsen ist in der vom Haus empfohlenen Parilla – in Deutschland wuerde man wohl argentinisches Steakhaus sagen. Nur dass das hier ganz anders aussieht. Hell. Mit schwarz-weiss Fotos an den Waenden. Papiertischdeceken. Und schicken, leicht abgeranzten Kellnern.

Und dem zartesten Steak auf dem Teller.

Unglaublich dick. Saftig. Gut.

So, genaus so muss das wohl sein. In Argentinien.

2 Responses to “Buenos Aires – eine erste Nase voll”

  1. Gudrun Dallmann sagt:

    Lieber Gereon,

    welch eine Freude deine Reiseberichte zu lesen!
    Also weiterhin viel Spaß für dich
    wünscht Gudrun

    P.S.: Dein Song ist großartig! Habe ihn jetzt erst gehört.

  2. […] in Argentinien. Zum Glück, denn  hier gibt es deutlich mehr zu sehen als Tangoshows. Mehr dazu hier, hier, hier und nochmal […]

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