grimo auf reisen

die welt liegt uns zu füßen

Fiium Shaarrk @Schokoladen

Herr Oppermann ist in Berlin und fragt: Was ist denn heute im Schokoladen los? Eigentlich hatten wir ja längst geguckt, wer da heute auf der kleinen Bühne vor der Rosentapete steht. Aber auch längst wieder vergessen. Macht ja nix. Denn wenn Herr Oppermann in Berlin ist, dann gehen wir in den Schokoladen. Immer. Denn da gibt es immer, gute, spannende, begeisternde, überraschende Musik. Und neuerdings haben die auch eine Rampe, finanziert durch das großartige Projekt „Tausend und eine Rampe“ von den ebenso großartigen Sozialhelden und wheelmap. Und soviel kann mann sagen: Mindestens einer der Rollifahrer, die an diesem Abend den Schokoladen besuchen, haben per Spende und Ortsvorschlag mit dazu beigetragen, dass genau hier diese kleine Wheelramp für leichten Zugang sorgt.

Erstmal muss Herr Oppermann aber sein Handbike anschließen. Ich geh derweil mal gucken, ob ich eine Antwort auf die Ausgangsfrage finde. Wer da heute so auftritt. Die eine Band spielt laut Aushang Experimental Jazz, die andere Drums’n’Turntable Noise. „Noise klingt gut“, sagt die junge Dame, die Herrn Oppermann heute begleitet. Und schwupps sind wir drin. Auch Dank dieser tollen Rampe, die … aber das erwähnte ich ja schon.

Drinnen macht die erste Band, ein Duo namens Schick/Steidle, wie versprochen Krach. Richtig heftigen Krach. Der eine traktiert sein Schlagzeug mt einer gewaltigen Präzision, dass es eine wahre Freude ist. Der andere macht irgendwas mit Plattenspielern, das sich tatsächlich sehr exakt mit dem Begriff Noise beschreiben lässt.

Das ist jetzt alles nicht ganz falsch, aber auch nicht gerade entspannend. Wir gehen erstmal nach hinten und trinken ein Bier.

Aber dann!

Dann kommen Fiium Sharrrk. Und die knallen rein. Die klingen wie ihr Name. Die sind. Wow. Die sind einfach. Ja. Gut. Irre. Spannend. Rhythmus und Extase. Knisternd. Filigran. Mitreißend. Experimental. Free. Großes Kino. Sound. Auch zum Zuschauen.

Denn da sitzt zum einen links der wuschelhaarige Drummer an einem klassischen Schlagzeug, dessen Einzeltrommeln er je nach Bedarf mit Blechen und anderem Zeugs belegt. Dann ist da im Hintergrund der unauffällige Typ, der sich so krumm über sein Laptop beugt, dass man sich die ganze Zeit ein wenig Sorgen um seinen Rücken macht. Und der ansonsten Sound zusteuert. Ja, knarziges, noisiges. Melodie ist hier nicht angesagt. Nicht wichtig.

Schließlich ist da noch der junge Mann mit experimentellem Backenbart, Zopf und offenem Weißem Hemd, der alle restlichen Instrumente bespielt. Und das wären: eine Standpauke, eine Snaredrum, eine Sammlung Metallschüsseln, diverse Holzplöckel, eine ganze Reihe von runden Metalldinger, die ein wenig an die Aufsätze von Gasherden erinnern, Klangschalen, Glasmurmeln, ein Becken, ein Geigenbogen und Klöppel. Und ich habe bestimmt noch was vergessen. Mit diesem Instrumentarium zaubert er eine dermaßen unglaublich Klangvielfalt hervor, dass einem das Herz übergeht. Und die Augen. Denn spätestens, wenn er bei der Zugabe die Glasmurmeln auf die Standpauke klickern lässt und alles dann samt diverser kleiner Klangschälchen auf dem Trommelfell herumrührt, bekommt man als Zuschauer große Augen wie ein kleiner Junge.

Das knistert und knattert, das plockt und plackert, dass rummst und bummst. Mal ziprt sich der Sound zärtlich durch den Raum, klein, leise, anschmeichelnd. Mal bricht alles in einer chaotischen Extase auseinander. Mal aber finden die drei mit einer so übezeugende Taktgenauigkeit zusammen, dass wohl jeder im Raum spürt, dass hier jeder einzelne Schlag, ganz egal ob nun der Beat der Bassdrum, das Knurps aus dem Laptop oder die in Millisekunden durch den Raum tanzenden Töne, die entstehen, weil der Mann mit dem weißen Hemd, seine nur auf jeweils einem Finger balancierten Beatsticks auf einer Snare frei tanzend lässt, dass all diese Töne, Geräusche, Sounds einfach auf den Punkt kommen. Genau auf den Punkt. Exakt eingeübtes Improvisationchaos. Gesteuert durch kurze Blickabsprachen vor allem zwischen dem Drummer und dem Percussionisten.

Geräusch. Live.

Selten hat experimentelle Musik mich so mitgerissen. Bei einigen Stücken, die einem den treibenden Beat in die Knochen jagen, hätte man eigentlich sofort tanzen müssen. Unverstädnlicher Weise blieb das Publikum aber weitgehend auf den Bänken und sogar auf dem Boden sitzen. So ist das halt, wenn Jazz angekündigt wird. Schade eigentlich. Mir jedenfalls haben die Füße gezuckt.

Raus ging es dann wieder, schwupps, mit der Rampe. Er ist schon eine Freude, dieser Schokoladen.

One response to “Fiium Shaarrk @Schokoladen”

  1. Es ist mir immer eine Freude, mit herrn grimo neue Klangwelten zu entdecken. Am liebsten in Berlin, aber auch gerne in Düsseldorf, das allerdings bei weitem nicht so viel davon zu bieten hat.

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