Fangen wir an mit den Katzen, denn die sind überall. Sie sitzen auf Treppen in der Altstadt und auf Treppen in der Neustadt, in Ecken, im Schatten, in der Sonne, sie sind getigert und grau und schwarz-weiß oder rot und sie maunzen in alle Sprachen der Welt. Und manchmal schnurren sie auch. Und schauen einen an mit ihren blauen Augen, mit den grünen, mit den weit offenen leuchtenden, mit den zu engen Schlitzen verschlossenen Pupillen. Manche wollen sogar gestreichelt werden. Einmal saß gleich ein halbes Dutzend zusammen auf dem Bürgersteig, genau da wo am Abend zuvor die Kriegsdienstverweigerer demonstriert hatten. Katzen für den Frieden! Bestimmt!
Dies ist das Land der Katzen und Jerusalem ist die Hauptstadt. Miau!
Das Klavier steht auf dem Kikar Zion, dem Zion-Platz gleich gegenüber von unserem Hotel an der Yaffo Street. Eigentlich ist es kein Klavier, sondern ein Flügel. Es ist aus Beton, fest installiert auf dem Pflaster. Und es hat sogar eine eigene Webseite, einen Facebook- und einen Twitteraccount.
Auf dem Kikar Zion gibt es eigentlich den ganzen Tag Live-Musik. Mal steht ein älterer Mann an der Ecke und covert Pink Floyd mit seiner E-Gitarre. Shine On You Crazy Diamond! Manchmal spielt ein Klarinettist Klezmer, mal zupft jemand auf einer Oud. Und abends spielen sie Klavier. Mal zwei-, mal vier-, mal sechshändig. Popsong. Fix you. Filmmusik. Amélie. Klassik. Auswendig. Oder abgelesen von den per Handy aus dem Netz abgerufenen Noten. Drumherum stets zehn, zwanzig Leute, die manchmal mitsummen, manchmal mitsingen.
Es ist kalt an diesen Januarabenden in Jerusalem. Aber nicht am Klavier auf dem Kikar Zion.
Ein letzter Gang durch die Altstadt, treiben lassen ohne ein Ziel zu haben, ohne noch etwas sehen zu müssen.
An der Gasse vom Damaskus-Tor durch den Souk fragt Katha an einem Falafel-Imbiss, ob sie aufs Klo darf. Der Typ an der Tür sagt „nein“, lacht dann und bittet sie herein. Dann nimmt er den blinden Alten, der draußen um Almosen bittet an die Hand, führt ihm herein an einem Tisch und schenkt ihm Falafel-Pita, sein Kollege bringt heißen Tee.
Hinter dem Zionstor kann man den Saal des letzten Abendmales besuchen, in dem Jesus in der Nacht vor seinem Tod Gott dankend Wein und Brot nahm, es seinen Jüngern gab und sie aufforderte, dies fortan zu tun zu seinem Gedächtnis. Es ist ein unscheinbarer, leerer Raum, in ersten Stock eines Gebäudes, das erst im Mittelalter erbaut wurde. Vom Dach hat man einen wunderbaren Blick ins Tal. In einer Ecke steht ein Turm, der wie ein muslimisches Minarett aussieht, daneben ein alter Kinderwagen voller Schrott. Von unten hört man die lärmend laut betenden Juden am Grab des Königs David. Die Toiletten in diesem wild gemischten Gemäuer sind rollstuhlgerecht. Und es gibt auch bei den Männern einen ausklappbaren Wickeltisch.
Katharina geht handeln. Sie bekommt immer was sie will, zu mir unvorstellbaren Rabatten. Wenn nicht an dem einem Stand, dann halt am nächsten. Sie bringt die Verkäufer zum Verzweifeln und zum Lachen zugleich.
She is a good women, begründet der Chef eines Ladens, warum er seinem Mitarbeiter den von Katha verlangten Rabatt am Ende mit einem kleinen Wink genehmigt hat. Außerdem sei sie schon mal hier gewesen, bei ihrer letzten Reise. Das ist für uns das wichtigste, sagt der Ladeninhaber. Vielleicht, fügt er mit einem Lachen hinzu, sei Katha ein bisschen zu hart. Aber das sei okay, denn wir bräuchten starke Frauen. Und schon sind wir in einem Gespräch über die Hoffnung, dass Ophra Winfrey nächste Präsidentin der USA werde und seinen Respekt vor Angela Merkel. Seit die deutsche Kanzlerin die Flüchtlinge ins Land gelassen habe, halte er beim Fußball immer zu den Deutschen. Denn dafür, sagt er, werden die Menschen hier in der Region ihr immer dankbar sein.
Ein offenbar jüdisches Hochzeitspaar zieht mit einem Fotografen durch die Altstadtgassen, er in dunklem Anzug, sie in langem weißen Kleid mit tief ausgeschnittenen Rücken. An einer Ecke fangen die arabischen Händler an zu klatschen, zu singen, zu trommeln. Und sie tanzen zusammen mit dem Paar.