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Vom Krater zu den Giganten: der Tag auf dem Berg und im Meer

Kraterlandschaft. Kaum ein Begriff ist ausgelutschter, um eine zerklüftete, trockene Landschaft irgendwo in einem bergigen Teil dieser Welt zu beschreiben. Hier oben aber passt er bestens. Denn tatsächlich ist das Hochplateau, aus dem sich der Teide, der höchste Berg Spaniens, erhebt, genau das: eine Kraterlandschaft.


Man erkennt das an den steil, teils mehrere hundert Meter hoch aufragenden Felsketten, die die selbst schon auf über 2.000 Meter über dem Meer liegende Landschaft fast kreisförmig ergibt. Sie sind die Reste, die äußeren Wände eines uralten Vulkans, der zunächst die Insel Teneriffa gebildet und geprägt hatte, und aus dessen Karter dann erst der Teide wuchs, der heute alles überragt – und jetzt gerade überragend in der Sonne funkelt.

Denn hier oben liegt tatsächlich Schnee. Schon ab 1.700 Metern finden sich an den Nordhängen einige Reste, die sich an schattigen Plätzen halten. Der Gipfel des nochmal 2.000 Meter höheren Teide ist komplett weiß, während ganz unten die Menschen am Strand in der Sonne liegen.

Uns haben die Sonne und der durch sie strahlende Gipfel aber heute hier rauf gelockt – so wie viele andere auch. Auf den Serpentinen von Puerto hoch über Orotava herrscht reichlich Verkehr, nachdem sich alles vor einer Ampel an einer kurzen Baustelle gesammelt hat, schleppt sich ein scheinbar nicht endendes Blechband den Berg hinan. An den Aussichtspunkten an der Strecke hat man Mühe, einen Parkplatz zu finden.

Mittendrin: Radfahrer! Einzeln oder in kleinen Gruppen strampeln sie bis hoch auf über 2.000 Meter. Ihre Waden sind dick wie Elefantenbeine.

Trotz des gewaltigen Auftriebs auf der Straße sind die Wanderwege erstaunlich leer. Die meisten scheinen nur rauf zu fahren, um runter zu schauen. Und um sich dann in ein Restaurant zu bewegen, um dort vielleicht noch einen Kaffee zu trinken.

Gleich hinter der Gaststätte oben am Parkplatz wird es aber sehr ruhig. Katharina und ich wandern einen breiten Schotterweg herab, entlang an schroffen Felsen, die mich zum Teil an das Valle de la Luna in Argentinen erinnern, vorbei an Feldern von Lava, die erkaltet ist kurz bevor sie die Hochebene vollständig gefüllt hat, wir passieren bizarre Felsformationen, bei denen man froh ist, dass sie nicht nur schon seit vielen tausend Jahren halten, sondern auch noch genau diesen einen kurzen Moment, in dem wir unter ihnen stehen.


Schließlich führt ein kleiner Trampelpfad rechts ab, steil die Hangkante des Vulkankraters hinauf, ein paar hundert Meter. Katharina guckt hoch, will hoch und schon sind wir hoch. Und es lohnt sich.

Oben von der Kante, über die dieser seit vielen Jahrhunderten schon von Hirten und Händlern genutzte Passweg führt – ein Schild bezeichnet ihn als Autopista historica – kann man runter sehen bis zur Südküste der Insel. Das heisst: man könnte runter sehen, wenn sich da nicht eine tiefer liegende Wolkendecke dazwischen geschoben hätte. Aber auch so ist der Blick berauschend.

Später will Katharina noch einen besonderen Vorzug der Insel auskosten. Man kann erst auf einen Berg klettern und dann noch im Meer schwimmen. Laut Karte führt der schnellste Weg and Wasser von hier oben nach Westen, genauer gesagt nach Los Gigantes. Das sind, wie der Name schon sagt, gigantisch hohe Felsen, die senkrecht aus dem Meer steigen. Daneben kann man in einer Bucht baden. Das passt gut: Ausblick für den einen, kühles Nass für die andere.

Die Fahrt bergab ist ebenfalls gigantisch. Erst geht es über schwarze Lavafelder noch auf der Hochebene, dann in weiten Serpentinen, die so sanft geschwungen sind, dass selbst mir mal das Autofahren richtig Spaß macht, hinab zur Westküste. Immer wieder bietet sich ein fantastischer Blick hinüber zur Nachbarinsel Gomera, hinter der die Sonne sich schon langsam auf den Weg macht, um im Meer zu versinken.

Bis wir auch so weit sind, dauert es noch. Von der Küstenlandstraße herab bis zu Bucht warten erstmal wieder unzählige enge Kurven, für die ich später allein 20 Minuten brauche, um sie wieder hoch zu fahren.

Die kleine Bucht unten entpuppt sich dann leider auch als deutlich weniger attraktiv als gedacht. Die Giganten nebenan sind zwar tatsächlich gigantisch. Die Bucht aber ist von einer Mole begrenzt, die den Blick auf die untergehende Sonne verstellt. Die Strömung ist zu stark, um zu schwimmen. Und Cafés gibt es hier weit und breit nicht.

Was bleibt? Der Rückweg. Der führt uns diesmal über die Nordwestecke der Insel, die am wenigsten erschlossen ist. Die Küstenstraße geht weit weg von der Küste hoch hinauf in immer dunkler werdende Gegenden mit immer enger werdenden Kurven, es beginnt zu regnen und der Scheibenwischer unseres Mietwagens entpuppt sich als laut quietschende Schlierenmaschine, hinter mir hängt eine Reihe anderer Autos, die verständlicherweise schneller vorankommen wollen. Aber müssen die so dicht auffahren? Unterwegs bin ich mehrfach kurz davor komplett die Lust zu verlieren.

Was ich nie gedacht hätte: Ein freier Parkplatz am Ende einer Sackgasse in einer Wohnsiedlung, in den man ohne groß zu manövrieren reinschlüpfen kann, kann einen fast so sehr beglücken, wie die wunderbare Aussicht von einem hohen Berg.

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