grimo auf reisen

die welt liegt uns zu füßen

Santa Marta sehen und sterben. Oder Eistee trinken

Santa Marta sehen und sterben. Nicht mein Plan. Wirklich nicht. So beeindruckend ist diese laute Stadt am Meer wirklich nicht. Kräne und Frachter prägen die Küste. Das Ufer Strand zu nennen, wäre übertrieben. Davor zudem der brausende Verkehr. Normales Autos, unzählige Taxis, Minibusse, LKW, die – und das scheint wirklich ein Fortschritt zu sein – hier lang müssen, weil die dahinter liegende Altstadt halbwegs verkehrsberuhigt wurde.

Direkt am Meer liegt der zentrale oder zumindest größte Platz, die Plaza Bolivar. Darauf natürlich das unvermeidliche Denkmal des Libertadors, des Befreiers Südamerikas. Oder großer Teile davon. Er hatte, verkündet das Denkmal, am gleichen Tag Geburtstag wie ich. Hm.

Hier in Santa Marta endete nicht endgültig sein großer Traum eines vereinten Südamerikas. Nein, hier endete auch seine letzte Reise. Eigentlich wollte der da längst in Ungnade gefallene Ex-Präsident von hier nach Europa weiter fahren. Nach einer anstrengenden, zermürbenden und desillusionierenden Reise, die Gabriel Garcia Marquez in dem Roman „Der General in seinem Labyrinth“ beschrieben hat. Passend zum Thema ein eher ermüdendes Buch.

So wie diese Stadt hier. Sie hat wenig zu bieten. Außer einer beinahe erschlagenden Hitze. Ich flüchte mich ins Museo de Oro, direkt an der Plaza. Das ist nicht nur umsonst, sondern mit Ventilatoren gekühlt. Aaaahhh!

Die Ausstellung bietet – anders als man beim Namen Goldmuseum vermuten könnte – praktisch keine Goldschätze, sondern eine gute Reflektion der regionalen Geschichte. Insbesondere der unglaubliche Umgang der christlichen Konolisatoren mit den hier in den benachbarten Bergen wird gezeigt.

Denn das ist – wie man in einem sehr klugen Film mit klarer Position erfährt – keine Jahrhunderte zurückliegende Geschichte, sondern nahezu noch Aktualität. Bis in die 70er und 80er Jahre wurden die Indigenas, die sich zum eigenen Schutz von der Küste in die Regenwald bestandenen Berge zurückgezogen hatten, von Kapuzinermönchen drangsaliert und christianisiert. Sie sollten ihre Kultur ablegen und wurden, zum Beispiel in einem Spielfilm aus den 60ern, der in Ausschnitten gezeigt wird, als frauenjagende Alkoholiker verunglimpft.

Die Geschichte ihres, letztlich erfolgreichen Kampfes um Anerkennung erzählt der Film am Beispiel zweier junger Indigenas, die sich von den Alten die Abläufe erzählen lassen. Das alles ist sehr sehenswert. Allerdings nur verständlich, wenn man den spanischen Untertiteln folgen kann.

Oben im ersten Stock widmet sich das Museum dann auch Simon Bolivar. Der hatte einige Jahre vor seinem Tod mal hier in diesem Haus Zeit verbracht. Und auch nach seinem Tod. Denn hier oben, in dem großen Saal mit Blick auf die Plaza, wurde sein Leichnam aufgebettet, nachdem er vor den Toren der Stadt, auf der Hacienda eines der wenigen verbliebenen Freunde, gestorben war. Statt nach Europa zu segeln.

Santa Marta sehen und sterben.

Wie gut, dass ich kein ruhmreicher Befreier bin. Und längst nicht so ermattet.

Schnell noch einen Kaffee trinken. Der im „Ikaro“, einem Café in der Nöhe der Plaza de los Novios, das nicht nur auf Bioanbau setzt, sondern auch noch entsprechende Projekte unterstützt, schmeckt der richtig gut. Auch dank der großen Ventilatoren, die die Hitze vertreiben.

Beim ersten Mal hier war es mir dennoch zu heiß für Kaffee. Ersatzweise gab es hausgemachte Limonade, unter anderem mit infusion de coca – also Kokatee. Und viel Eis. Allein dafür hat sich die Reise an die Karibik schon gelohnt.

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