grimo auf reisen

die welt liegt uns zu füßen

Mexiko, die krumme Welt und die Tigerente

Mexiko, wieso denn gerade Mexiko? Und ist es da nicht gefährlich? Zwei Fragen, die ich in den letzten Tagen immer wieder gehört habe, wenn ich von meinen Reiseplänen erzählt habe. Die erste lässt sich einfach beantworten: ich glaube, da ist es schön.

Vielleicht sogar zu schön im klassischen Sinne, jedenfalls wenn ich die Erinnerungen an meine letzte große Reise nach Bolivien mit den Fotos von den Traumstränden an der Küste Yucatans vergleiche, die ich im Netz gefunden habe. Kein Wunder, dass der Südosten Mexikos auch ein beliebtes Ziel für Pauschalreisende ist.

Aber erstens hab ich ja gar nichts gegen Schönheit. Zweitens wimmelt es dort nur so vor Mayapyramiden, so dass auch mein kulturgeschichtliches Interesse befriedigt werden dürfte. Und drittes war ich vor ziemlich genau elf Jahren schon mal in dem Land – und schwer beeindruckt.

Damals kam ich von der Haupstadt Mexico D.F. bis nach San Cristobal in Chiapas und nach Palenque. Jetzt schau ich mir den weiter östlich liegenden Rest an. Und wenn die Zeit reicht, mache ich noch Abstecher nach Belize und in den Norden Guatemalas. Zudem hoffe ich in Merida Tio Rafa wiederzutreffen, einen freundlich freakigen Hostelbesitzer, der mir vor drei Jahren in Peru über den Weg gelaufen ist. Das sollten schon mehr als genug Gründe sein.

Die zweite Frage klingt aktuell etwas schräg. Ja, es stimmt. Mexiko ist kein einfaches Land. Die Drogenmafia prägt es viel zu sehr. Das wurde zuletzt einer breiteren Öffentlichkeit bewusst, als 42 protestierende Studenten offenbar in direkter Zusammenarbeit von Polizei und Mafia erschossen wurden. Aber ersten soll es so richtig schlimm nur im Norden des Landes sein.

Und zweitens:

Der Flieger, in dem ich gerade sitze, macht erstmal einen großen Bogen. In München am Nachmittag gestartet fliegt er über Hamburg, knapp vorbei an Norwegen und über Island hinweg in die Nacht. Gerade passieren wir den Süden Grönlands und sind dabei die Nacht zu überholen. Es dämmert am Horizont, doch es ist kein neuer Morgen, sondern die Reprise eines alten Abends. Dann soll es über Toronto in Kanada und die USA runter nach Süden in die Karibik gehen – und zurück in die Nacht, die wir gerade erst überholen.

Auf der Weltkarte in der Rückenlehne vor mir erscheint das wie ein absurd großer Umweg auf einer krummen Welt. Der Pilot hat die Route mit widrigen Winden über dem Atlantik begründet. Das wird schon stimmen.
Und dennoch ist mit beim Blick auf die Landkarte als erstes aufgefallen, dass wir den Luftraum über Frankreich und auch über Belgien umkurven. Im ersten Land gab es letzte Woche erst den Anschlag auf die Redaktion von Charlie Hebdo. Im zweiten attackierte die Polizei erst gestern eine mutmaßliche Zelle von Islamisten. Zwei Menschen starben. In Verviers, einem Städtchen, das in Deutschland kaum jemand kennt, aus dem aber ein guter Freund stammt.

Warum ich diesen thematischen Umweg mache? Ich frage mich, ob irgendjemand in Deutschland nun auf die Idee käme, nicht mehr nach Frankreich oder Belgien zu reisen, weil es da zu gefährlich geworden ist.

Und damit bin ich wieder bei Mexiko.

Gefährlich ist es längst nicht mehr nur in der Fremde, auch wenn wir aus alter Gewohnheit dort die Gefahr eher vermuten. Oder wahrnehmen. Die Gefahr ist da, aber sie ist häufig ein Scheinriese. Je weiter weg, umso größer wirkt sie, weil wir sie nicht einschätzen können.

Frei bin ich davon auch nicht. Im Gegenteil. Ich hatte zum Beispiel mal wieder damit geliebäugelt statt nach Mexiko nach Mali zu reisen. Da gibt es Anfang Februar ein spannend klingendes Musikfestival, dass sich zudem explizit als friedliches Gegengewicht zu den Attacken der Islamisten versteht, die große Teile im Norden des Landes immernoch kontrollieren. Aber … nein, ich bin nicht mutig genug oder zu vernünftig, um eine solche kulturelle Initiative derzeit zu besuchen.

Die Welt ist krumm. Das macht das Reisen auf ihr nicht gerade leichter. Aber deswegen das Reisen aufgeben? Wo es doch eine wunderbare Möglichkeit ist, dem Fremden zu begegnen und damit Fremdheit abzubauen?

Nein, man darf, ich will die Freude daran nicht verlieren.

Mein Flieger heißt übrigens „Janosch“. An seinem Rumpf prangt eine Tigerente. Und wenn ich mich nicht irre, stimmt die aus dem wunderbaren Kinderbuch, in dem der kleine Tiger und der kleine Bär ihre Lust ausleben, die Welt zu entdecken. „Oh, wie schön ist Panama.“ Und das gilt immer, ganz egal, wo dieses Panama tatsächlich liegt. Gerade hoffe ich, es in Yucatan zu finden.

PS: Der Flughafen in München, auf dem ich umsteigen musste, ist katastrophal ausgeschildert. An Flugsteig G, wo ich ankam, gab es ausschließlich Wegweiser zu Flugsteig H. Dass man, wenn man wie ich zu Flugsteig C wechseln will, erstmal einfach drauf los laufen und dann den später auftauchenden Schildern zum Ausgang folgen muss, weil man nur so zum anderen Terminal kommt, wo es dann weitergeht, muss man schon selber erraten.

Praktische Infos: hier.

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