grimo auf reisen

die welt liegt uns zu füßen

Schifffahrt auf dem Rio Huallaga

Rio Huallaga  Die Fähre El Romantico II

Das ist er. Der Fluss. Breit. Braun. Von unendlichem Gruen umgeben. Rechts. Links. Vorne an der naechsten Flussbiegung, genauso wie hintenan der gerade passierten. Der Rio Huallaga, der irgendwann in den Rio Maranon fliessen wird, der wiederum irgendwo bei Iquitos dann ploetzlich Amazonas heissen wird. Aber noch ist es nicht so weit. Noch ist es nur ein Nebenfluss. Mein zuhause fuer die naesten 10 Stunden, bis Lagunas, einem Oertchen am Flussrand, das nur per Schiff zu erreichen ist.

Ich fahre mit El Romantico II, einem komplett aus Holz gebauten, blau gestrichenem Schiff. Sehr stabiles Holz, erklaert mir Emir, ein Lehrer aus Lagunas, den ich am Vortag schon im Bus von Tarapoto nach Yurimagaus kennengelernt hatte. Sehr stabiles Holz, wiederholt der 41-Jaehrige spaeter, es stamme schliesslich hier aus den Waeldern. Aus einem Baum, weiss er dann noch zu berichten, koenne man 500 bis 1000 dicke Bretter herstellen. Solche werden da gerade aufs Schiff geladen. El Romantico hat unterwegs an einem Dorf mit wenigen Holzhuetten angelegt, die Faehre ist mit Seilen an Bananenstauden gekettet. Die halten zwar wenig aus – und knicken weg. Aber was macht das schon. Dann nimmt man eben die naechste Staude, bis die Fracht verladen ist.

Juan und Emir Emir ist ein typischer Vertreter der hiesigen Menschen. Er lacht viel. Und er schwaermt von der Schoenheit der Landschaft im Amazonasbecken. Von der Natur. Von den Pflanzen, von den Tieren. Stundenlang. Emir stammt urspruenglich aus Iquitos. Heute lebt er in Lagunas – genauer gesagt, in einem Dorf in der Naehe. Jedes Jahr woanders. Denn er arbeitet zwar schon lange als Grundschullehrer, bekommt aber stets nur einen Jahresvertrag. Dann muss es sich eine neue Schule suchen. Genau wie seine Frau, die auch als Lehrerin arbeitet. Die beiden sehen sich nur einmal im Monat. Ihre beiden kleinen Toechter leben normalerweise bei den Grosseltern in Yurimaguas. Heute sind sie mal mit dabei. Sie duerfen die Weihnachtferien mit den Eltern in Lagunas verbringen. Emir hat einen Traum: ein fester Vertrag als Lehrer. Dann koennte er sich an einem Ort niederlassen. Aber so einen Vertrag bekommen nur wenige.

Der Weg auf das Schiff hier war gar nicht so einfach. Den ganzen Montagnachmittag* hatte ich in Yurimaguas versucht, ein Ticket fuer die Faehre nach Lagunas zu bekommen. Es gibt in Yurimaguas zwar mehrere Anlegestellen, aber wenig Infos. Am serioesesten sehen die Schiffe der Firma Eduardo aus. Gross, weiss, aus Metall, mit drei Decks. Eins fuer Fracht, zwei fuer die Passagiere. Ein Schiff der Flotte wurde gerade entladen. Ein Haufen Motorradtaxifahrer wartete auf die Aussteigenden. Nur einen Ticketschalter gab es hier nicht. Einen Fahrplan? Auch nicht. Im Zentrum, erklaerte mir ein muffiger Polizist, da solle ich fragen, da habe Eduardo ein Buero. Die Mototaxistas wuerden mir weiterhelfen.

Aber das stimmt auch nicht. Der den ich fragte, wusste erst gar nicht, wovon ich sprach. Er meinte, ich muesse das Ticket einfach an Bord kaufen. Aber dafuer, entgegnete ich, muesste ich doch erstmal wissen, wann denn die Schiffe fahren. Schliesslich brachte er mich tatsaechlich zu einem Haus, wo die Firma Eduardo ihr Buero hat. Im ersten Stock, hinter einer gut verschlossenen Tuer, die sich erst nach heftigem Klingeln oeffnet. Auf Publikumsverkehr ist man offensichtlich nicht eingerichtet. Immerhin erfuhr ich dort, dass die naechste Eduardo-Faehre fruehestens am Mittwoch faehrt. Falls die Strasse nach Tarapoto bis dahin wieder offen ist. Denn die letzte Etappe, die ich gerade erst hinter mir habe, sei mittlerweile geschlossen worden – wegen der zahlreichen Erdrutsche nach den starken Regenfaellen der letzten Tage. Auch mein Minibus war schon kaum noch durchgekommen. An einer Stelle hatten wir eine Stunde warten muessen, bis die schweren Laster vor uns von einem Riesenbagger durch eine Schlammpiste den Berg hochgezogen worden waren. Deshalb komme jetzt kein Transport mehr hier in Yurimaguas an, heisst es im Eduardo-Buero. Und ohne Fracht, erklaert man mir bei Eduardo, fahre eben kein Schiff. Da muesse man halt warten.

Aber immerhin erfahre ich noch, dass es auch andere Anbieter gibt. Im Puerto Abel Guerra muesse ich fragen. Da finde ich spaeter tatsaechlich mehrere Schiffe, die laut Aushang am Bug am naechsten Morgen fahren sollen. Ich muesse mir aber, erklaert ein Bootsjunge, eine Haengematte besorgen. Denn ohne die, koenne ich mich an Bord allensfalls auf den Boden hocken. Haengematten aber gibt es natuerlich hier am Markt. Die war schnell gekauft.

Hängematte-Raum auf der FähreAm naechsten Morgen stand ich schienbar gut geruestet im Hafen. Die Matte hing schnell an Bord des frueher startenden Schiffs, da kam ich gleich mit Juan ins Gespraech. Er hat eine Touragentur in Lagunas, beweist seine Waldkompetenz mit riesigen Narben an Bein und Arm, die offensichtlich von Krokodilbissen stammen. Unvernunft der Jugend, sagt der 46-Jaehrige. Heute sei er vorsichtiger. Und dann gibt er mir noch einen Tipp: Bargeld holen! Denn in Lagunas gebe es keinen Bankautomaten. Nicht einmal Strom gebe es dort tagsueber. Nur von 18.30 bis 23.30 Uhr. Und morgen von 4.30 bis 7.30 Uhr.

Hängematte auf der RomanticoAlso so springe ich nochmal samt Gepaeck von Bord, eile mit dem Mototaxi und Juan zur Bank (die zweite gibt mir dann sogar Geld) und zurueck zum Hafen. Das Schiff aber legt gerade ab. Also nehmen wir einfach das andere, die Romatico II. Eine gute Wahl. Denn hier ist es wesentlich leerer. Das Schiff faehrt laut Aushang um 8 Uhr. Um 10 Uhr geht es dann wirklich los. Und dann gibt es eigentlich nicht mehr viel zu tun. Ausser: Gucken. Schauen. Geniessen. Diese Aussicht. Diese Luft. Der Fluss, der irgendwann in den Amazonas muenden wird.

Die Toechter von Emir schaukeln in ihren Matten und kichern.

Man muss alles in Ruhe erledigen, sagt Juan. Nur keine Eile.

*Das ist jetzt – huch – auch schon wieder eine Woche her. Aber zwischendurch gab es kein Internetcafe. Und, es hat ja auch keine Eile.

Sonnenuntergang über dem Fluss

One response to “Schifffahrt auf dem Rio Huallaga”

  1. herr grimo sagt:

    Eine Zugverbindung von Yurimaguas nach Iquitos?

    http://latina-press.com/news/118380-peru-regierung-plant-bau-einer-eisenbahn-durch-den-amazonas/

    Soll ich das jetzt gut finden oder nicht?

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