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9 Tage nach dem Fall der Mauer – Lübeck begrüßt Menschen aus Ostdeutschland mit einem Kulturfestival und herr oppermann ist aktiv dabei

Am Donnerstagabend des 9. Novembers 1989 wollten die Freunde Sabine, Gabi, Michael und ich in unserem Studentenwohnheim in Bochum einen gemütlichen Spieleabend machen und uns vorab noch in der Tagesschau über die Ereignisse des Tages informieren.

Was wir dann sahen, hat uns dann richtig vom Hocker gehauen. Beinahe ungläubig, elektrisiert und mit anhaltender Gänsehaut verfolgten wir den ganzen Abend die Ereignisse dieses historischen Abends. Und ich bekomme auch heute noch Gänsehaut, wenn ich Bilder und Berichte von diesem Tag sehe.

Drei Tage später, am 12.11.1989 wurden die Menschen aus Ostdeutschland in Berlin mit einem großen Rockkonzert willkommen geheißen. Dabei waren Bands und Musiker aus Ost und West wie „Silly“, die „Pudhys“, „BAP“, „Die Toten Hosen“, Udo Lindenberg, Melissa Etheridge, Joe Cocker und viele mehr.

Am Sonntagabend drauf, am 13.11.1989, bekam ich einen Anruf unser Sängerin der damaligen Band „Streetlife“ (später „She Cargo“), Kerstin Langmaack einen Anruf. Der damalige Oberbürgermeister Lübecks, Michael Bouteiller, habe angefragt, ob die Band aus dem Ruhrgebiet, die im Sommer 1989 schon auf dem Lübecker Stadtfest hinter dem Ratskeller von Lübeck gespielt hatte, am Samstag, den 18.11.1989 auf demp0 Kohlmarkt vor dem Ratskeller und dem Rathaus zur Begrüßung von Besuchern aus Ostdeutschland auftreten könnten.

Kerstin bat mich, mit den Bansmitgliedern abzustimmen, ob wir das machen wollen und können. Damals gab es noch keine Handys und Messenger, also haben wir uns telefonisch kontaktiert Und alle waren sofort dabei.

Kerstin ist dann Montags nach Lübeck gefahren um das vor Ort zu organisieren. Schnell wurde aus einem Konzert der Band aus dem Ruhrgebiet ein Festival mit Künstlern unterschiedlichster Art und aus Ost und West. Wir telefonierten in der Woche beinahe täglich mit Kerstin und jedes Mal ist die Aktion größer geworden. Immer mehr Aktionslocation und und immer mehr Künstler, die sich unter der für das Festival gegründeten Initiative „Kultur Point Lübeck“ vereinten.

Irgendwann kam die Nachricht, dass der damalige Ministerpräsident Schleswig-Holsteins, Björn Engholm, die Schirmherrschaft für das Festival übernommen hat.

Gebannt verfolgten wir die Entwicklung seit der Maueröffnung und der Organisation des Festivals in Lübeck.

Dann kam das Wochenende und wir begaben uns freitags mit unseren kleinen Pkw, bepackt mit unserem Equipment auf den Weg nach Lübeck. Treffpunkt für alle aktiven war an dem Abend der Ratskeller, deren Inhaber damals die Eltern unserer Sängerin Kerstin waren und ihre Räumlichkeiten als Treffpunkt für das Wochenende zur Verfügung stellten.

Es war aufregend, wie sich die Künstler nach und nach im Ratskeller einfanden und sich vor allem mit den Künstlern aus der DDR auszutauschen. Darunter die Schweriner Band „First Arsch“ deren Schlagzeuger Till Lindemann heute Sänger „Rammsteins“ ist.

Am Samstag den 18.11.1989 startete dann am frühen Nachmittag das Festival auf der Hauptbühne vor dem Ratskeller, eröffnet von Björn Engholm. Von da aus fanden an verschiedenen Orten und Bühnen viele verschiedene Kunstaktionen statt. Die Stadt war voll von Menschen aus Ost und West.

Am Abend, als letzter Act waren wir dann auf der Hauptbühne dran. Es war schon dunkel und der Marktplatz am Ratskeller und Rathaus war voll und die Stimmung trotz der damaligen Kälte grandios. Wir spielten unser Set aus vorwiegend eigenen Songs und zum Schluss holten wir die noch anwesenden Musiker auf die Bühne und stimmten Marius Müller Westernhagens „Lass uns leben“ an, dessen Text wir an die aktuelle Entwicklung umgeschrieben haben, mit der Passage „… lass uns leben in Ost und West“. Und der ganze Marktplatz sang mit. Wahnsinnig beeindruckend und Gänsehaut pur.

Später saßen wir alle im Ratskeller, wurden mit Essen und Getränken versorgt und der Oberbürgermeister dankte sichtlich von dem Tag gerührt und mit Freudentränen allen Akteuren. Wir redeten und feierten noch bis spät in die Nacht.

Das war mein großes Erlebnis der Grenzöffnung und wird für mich immer in emotionaler Verbindung mit den Ereignissen im November 1989 bleiben.

Ein halbes Jahr später haben wir ein weiteres deutsch-deutsches Musikfestival im Burgtheater meiner Heimatstadt Dinslaken organisiert, zu dem wir auch viele Bands aus der DDR einluden, die schon in Lübeck dabei waren. Darunter auch wieder „First Arsch“.

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