grimo auf reisen

die welt liegt uns zu füßen

Copacabana – Stadt der Wunder

Bustaufe vor der Kathedrale in CopacabanaGlauben darf jeder, was er will. Und wer unbedingt irgendetwas glauben will, der sollte nach Copacabana kommen. Denn fuer Gutglaeubige gibt es hier jede Menge zu tun. Heute Mittag war zum Beispiel vor der Kathedrale die Hoelle los. Die ganze Strasse vor dem Gotteshaus mit der beruehmten Virgen war zugeparkt mit blumengschmueckten Autos, Klein- und Grossbussen. Vor der geoeffneten Motorhaube eines Jeeps stand ein Moench in brauner Kutte und segnete mit Weihwasser aus einem Eimer erst den Motor, dann den potenziellen Fahrer und schliesslich die komplette Familie, die sich spaeter natuerlich vor dem nun rundumversicherten Auto fotografieren liess. Zum bessern Schutz wurden selbstverstaendlich auch noch der Fahrersitz, die Raeder, die Tueren und Fenster mit Weihwasser bespritzt.

Fuer einen grossen Doppelstockbus reicht das natuerlich nicht. Da muss schon ein blumenbekraenzter Zeremonienmeister her, der die Menge dabei anleitet, wie sie den Bus am besten mit mindestens drei Kaesten Bier, drei Flaschen Sekt, mehreren Liter Wein und Cola bespritzt – Reifen, Gepaeckfach sowie Unterboden duerfen nicht vergessen werden! Dann fliegen noch Bluetenblaetter, Reis und schneckenfoermige Gluecksbringer auf das zu segnende Gefaehrt sowie alle Umstehenden. Abgerundet wird das alles mit einer dreifachen Knallerorgie auf allen Seiten des Busses. Der wird nun garantiert nie von einem Erdrutsch ueberrascht.

Gestern waren wir oben auf einem Berg direkt ueber Copacabana. Der bietet nicht nur einen wunderbaren Blick auf die Stadt, sondern einen Kreuzweg auf dem steilen Anstieg, der oben auf der Spitze nochmals mit zwei grossen und einem halben Dutzend kleiner Altaere seine Kroenung findet. Dort waren rund 20 bis 30 Frauen und ein paar Maenner damit beschaeftigt, bergeweise Bluettenblaetter von den mitgebrachten Staengeln zu rupfen. Daraus wurden zum Teil Girlanden geknuepft, mit denen die Altaere geschmueckt wurden, der Rest wurde zu grossflaechigen Mustern auf dem Boden verarbeitet, in die sich dann der Reihe nach alle Indigena-Frauen unter grossem Gelaechter der Umstehenden fotografieren liess. Auch eine ernste Sache darf hier Spass machen.Bluetengeschmueckter Altar auf dem Huegel ueber Copacabana

Wem das bis hierhin noch hundertprozent christliche Gebaren noch nicht reicht, der findet ein weiteres Angebot in einem kleine Laden an der Plaza, nur wenige Meter von der Kathedrale entfernt. Getrockneter Lamafoetus vor dem HexenladenDort gibt es nicht nur Fertigpackungen mit abzubrennendem Inhalt, der entweder fuer mehr Kundschaft im Geschaeft, mehr Geld im allgemeinen, bessere Liebe oder Gesundheit sorgt. Es sind auch jede Menge Kraeuter und Salben im Angebot, darunter sogar Arnika. Und fuer die ganz harten Faelle gibt es zerriebene Reptilen, kleine Guerteltiere oder jede Menge getrocknete Lama-Foeten. Die werden zum Beispiel beim Bau eines Hauses im Fundament versenkt, damit es Erdbeben und Stuerme uebersteht, klaert die freundliche Verkaeuferin den Unwissenden auf. Interessierte koennen auch den wunderbaren Roman „Tod in den Anden“ von Mario Vargas Llosa zur Hand nehmen und sich zusammen mit dem Hauptprotagonisten ueber wundersame Gebraeche aufklaeren lassen.

Und weil Copacabana so eine wirkungsvolle Stadt ist, kommen an Ostern zur Semana Santa tausende Pilger aus der Hauptstadt La Paz herueber. Zu Fuss, rund 160 Kilometer, sind sie mehrere Tage unterwegs. Ob sie dann nur die heilige Virgen in der Kirche besuchen oder auch noch den Kreuzweg den Berg hinauf klettern, ist ungewiss.

Sicher ist nur, dass ich morgen am heiligen Sonntag mit Stephan nach La Paz weiterziehe – mit dem Bus, das geht schneller. Hoffentlich ist der nach guter alter Tradition gesegnet. Wie ich von La Paz bis Donnerstag wieder zurueck nach Lima kommen soll, um meine Rueckflug nicht zu verpassen, ist mir noch schleierhaft. Aber ich habe mir in dem Mystikerladen ein Stueck Myrrhe zugelegt, das ich jetzt stets bei mir trage. Es kann also nichts schief gehen.

One response to “Copacabana – Stadt der Wunder”

  1. […] bei -> Tiwanaku, dem naheliegenden, aber nur bei meinem ersten Besuch vor sechs Jahren besuchten Copacabana am wunderbaren Titicacasee, über die -> Death Road bis hin zu den Yungas und den […]

Leave a Reply

Your email address will not be published.

You may use these HTML tags and attributes: <a href="" title=""> <abbr title=""> <acronym title=""> <b> <blockquote cite=""> <cite> <code> <del datetime=""> <em> <i> <q cite=""> <s> <strike> <strong>