grimo auf reisen

die welt liegt uns zu füßen

Hopkins. Garifuna in der Driftwood-Bar

foto-breadWas zählt, ist der Trommler in der Mitte. Links von ihm sitzt der Typ mit den Rastalocken, der stur den Basstakt schlägt. Bumm tschaka bumm, bumm tschaka bumm. Rechts von ihm sitzt ein junger Mann, der die Offbeats liefert. Hinter ihnen steht ein Mann am Keyboard, dessen Elektrosound den treibenden Grundrhythmus vorgibt und quakige Melodien oben drüber legt. Rechts davon steht der Hauptsänger, der eine Art melodiösen Sprechgesang von sich gibt. Und wieder neben ihm, neben dem Fenster in dem Holzschuppen der Driftwood-Bar zupft der Bassist sein Instrument.

Aber wirklich wichtig ist der Trommler in der Mitte. Und das ist jetzt ein echter Star, verkündet der Master of Ceremonie, der beim ersten Set vor der Pause selbst noch den Gesang beigesteuert hat, der jetzt aber nur noch die ständig einspringenden neuen Musiker begrüßt und anpreist. Zum Beispiel the female singer, eine voluminöse Schwarze, die bei den nächsten Songs mit ihrer Stimme für Stimmung in der Hütte sorgen wird und später dann mit einer so elegant leichten Schnelligkeit ihren Arsch wackeln lässt, ohne den Rest des Körpers zu bewegen, dass man nur staunen kann. Und dann ist da eben der kleine Typ mit den enormen Oberarmen, der ganz in leuchtendes Rot gekleidet sich jetzt die mittlere Trommel zwischen seine Beine klemmt, um dann mit seinen Händen beginnt, das Trommelfell in immer wieder wechselnden Folgen zu peitschen, zu streicheln, zu klopfen und zu hämmern, so dass man sofort versteht: ja, eine Trommel kann ein Melodieinstrument sein, wenn sie von einem Meister seines Faches gespielt wird.

Es ist Dienstagabend, und Dienstagsabends so heißt es im Hostel, da geht man in Hopkins ins Driftwood. Bar and Pizza Shack steht an der Hütte direkt am Strand ganz am nördlichen Ende dieses sehr entspannten Ortes an der Küste von Belize. Er besteht im wesentlichen aus einfachen Hütten und kleinen Häusern, die sich entlang von zwei parallel zum schmalen Sandstrand verlaufenden rumpeligen Straßen aneinandereihen.

Die Backpacker versammeln sich im Funky Dodo Hostel, hängen dort in den Hängematten oder sitzen an dem überdachten Holztisch, um ihre Reisegeschichten auszutauschen. Oder sie raffen sich auf und gehen die paar Meter zum Strand, hocken sich unter eine Palme, unter der man auch den zehnminütigen Sprühregen aushalten kann, planschen im handwarmen Wasser, zählen die vorbeisegelnden Pelikane, schauen, wie eine Kokosnuss in der Brandung treibt, hocken auf der hölzernen Mole herum oder wandern dann doch mal die Küste ein wenig rauf oder runter.

Viel Abwechslung gibt es hier nicht. Weiter oben harken ein paar Schwarze den Strand. Und sie grüßen freundlich, so wie eigentlich alle hier im Garifuna-Dorf.

Garifuna, das ist die Kultur der Schwarzen, die sich als Nachkommen von in die Karibik entführten Sklaven hier ein Leben eingerichtet haben. Sehr zurückgelehnt wirkt das Ganze. Die drei Supermärkte im Dorf werden alle von Chinesen betrieben. Kinder trödeln in ihren Schuluniformen am Mittag mit dem Fahrrad nach hause, ein Frau radelt mit laut aus ihrem Handy plärrender Musik durch die Gegend, ein schwarzer Hund kommt vorbei und beschnüffelt den Touristen am Strand, ein paar schwarze Vögel, die mit enormer Flügelspannweite am Himmel hin- und hersegeln, prügeln sich plötzlich mit einer Horde von Pelikanen um irgendeine Beute im Wasser, dann kommt nochmal der erfrischende Sprühregen vorbei, den man als wesentlich attraktiver empfindet, als die Hitze in den Parallelstrassen, die von der ständig am Strand wehenden angenehmen Brise schon nicht mehr erreicht werden. Und schließlich senkt sich auch schon langsam die Sonne, es wird Zeit, sich unter der Dusche zu erfrischen, denn es ist ja Dienstag und Dienstags, da trifft man sich im Driftwood.

Weil die Pizza dort zwar teuer, aber okay ist. Weil es dort wie überall Belikin gibt, das Bier von hier. Weil man da draußen so nett an ein paar Holztischen sitzen kann. Und weil drinnen diese Band den Laden rockt. Auch noch, ja fast mehr noch, als nach und nach alle weißen Touristen verschwunden sind – bis auf einen. Auch noch, als dann kurz vor Mitternacht der Typ in Polizeiuniform in der lärmenden Hütte auftaucht – und sich unter die Feiernden mischt.

Zeit nach hause zu gehen. Auf der Straße kläfft ein wild drohender Köter. Das könnte einem fast die ganze Laune verderben. Aber er ist wie der sprichwörtliche bellende Hund. Er beißt nicht.

Der Mond ist fast voll, versteckt sich aber hinter Wolken. Ein weißes Restlicht liegt über den Bäumen. Dahinten plätschert das Meer.

Praktische Infos: hier.

One response to “Hopkins. Garifuna in der Driftwood-Bar”

  1. […] zweiten Morgen, nach der Nacht im Driftwood, sitzt Marcus schon wieder am Hostelhoftisch. Er wartet gerade auf den Beginn seiner Segeltour. Mir […]

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