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Kandidat für das Konzert des Jahres: Gablé @ Ausland

Es gibt Abende, an denen zerbröselt die plötzlich die eigentliche Planung und die Ersatzidee fällt auch ins Wasser und dann landet man ganz woanders und es ist wunderbar. Zum Beispiel im Ausland. Also diesem kleinen Club des Vertrauens an der Lychener Straße in Berlin-Prenzlauer Berg, in dem gerade das von einschlägigen Kollegen gelobte Festival „Pop im Ausland“ läuft.

Pop in einem Club wie dem Ausland, der in der Regel eher so experimentelles ist eigentlich ein Widerspruch, aber egal. Denn Pop bedeutet hier alles mögliche. Zum Beispiel Gablé.

Das Trio aus Frankreich eröffnet den Abend. Und von erstem Song, eigentlich schon nach den ersten Takten ist klar, das hier ist ein absultes Highlight. Eine Perle. Ein großes Glück dabei zu sein.

Gablé spielen, tja, wie soll man das nennen? Vielleicht Semineoproantiantiantifolk! So heißt ein Album der Band, das man neben viele anderen bei Bandcamp findet – und das nun am Tag nach dem Konzert bei mir in Dauerschleife läuft.

Denn Gablé sind großartig. Verspielt. Laut. Witzig. Ich habe lange nicht mehr so oft und ausgiebig gelacht bei einem Konzert. Da wird auf Gitarren geschrammelt und gerockt, das rasseln Eisenketten auf Schlagzeugbleche, da wird getrommelt, bis einem die Ohrenfelle zu platzen drohen, da wird ein dreistimmiger Gesang über alle in einer Art gelegt, dass es an die ein wenig an die frühe Velvet Underground erinnert, oder besser noch: an die späten Platte der eistigen Velvet-Schlagzeugerin Moe Tucker. Da legen sie ihre englischen Lyrics oben drauf wie einen Schlag Sahne und man muss lachen. Geht ja gar nicht anders.

Da brechen die Songs meist schon nach zwei, maximal drei Minuten einfach ab. Manchmal auch schon nach 30 Sekunden. Weil sie fertig sind. In all ihrer Zerbrechlichkeit. In ihrem unglaublichen Getöse. Und das Lächeln der Keyborderin-Sängerin links. Die Schalk im Gesicht des Trommel-Keyborder-Sängers rechts.  Das Matroschka-T-Shirt des Sänger-Gitarristen in der Mitte.

Denn das Konzert von gestern Abend, so viel ist auch Mitte November schon sicher, gehört auf jeden Fall in meine Top-5-Liste des Jahres 2016. Mindestens.

Und dann packen sie – hatte Angela Merkel das nicht gerade erst gefordert? – tatsächlich auch noch Blockflöten aus. Fiepen darauf herum, dass es eine Freude ist, während kratzen Subwooverbässe aus dem Boxen knallen. Und man tanzen muss. Und lachen. Und glücklich sein. Und einstimmen in das Indianergeheul der Band, die zum allererstenmal in Berlin spielt, obwohl es sie doch schon seit zehn Jahren gibt. Zum Glück haben sie versprochen bald wiederzukommen.

Später am Abend spielen dann noch Nicholas Desamory, aber das stört nich weiter. Oder sagen wir so: das Elektroduo ist auch nicht schlecht. Aber wer nach einer absoluten Live-Band wie Gablé auf die Bühne muss, hat so oder so verdammt schlechte Karten.

Der Name Gablé, erklärt mir später noch der Gitarristen-Sänger, stamme von der Wohnung, in der sie leben, das habe da an der Tür gestanden, aber falsch geschrieben und dann habe er das mit seinem Namen kombiniert und … ehrlich gesagt, habe ich sein französisches Englisch im musikgefüllten Club nicht ganz verstanden. Ist aber auch egal. Hauptsache man merkt sich diesen Namen: Gablé.

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