grimo auf reisen

die welt liegt uns zu füßen

La Paz – ein Abschied

Der Regen, der auf das Hosteldach prasselt. Der letzte Tag in La Paz. Der letzte Tag in Bolivien. Die Dusche, die einfach aufhoert, Wasser zu spenden, gerade als ich mich einseifen will. Das Wasser, das draussen vor der Tuer die steilen Gossen hinabschiesst. Die Soldaten, die mit ihren Bajonetten, wie immer ein Regierungsgebaeude an der Plaza Murillo bewachen. Die Cholitas, die ihre Bowlerhuete mit Plastiktueten schuetzen. Die Frau, mit einer Schubkarre voll Popcorn. Der Mann, mit einer Schubkarre voller Socken und Unterwaesche. Die Frau, die mit einen Haarschnitt anbietet. Die naechste Frau, die mir einen Haarschnitt anbietet. Das Friseurviertel.  Die Stelzenlaeufer, die zu ihrem Getrommel tanzen. Die jungen Frauen in Hotpants und Stoeckelschuhen, die sich fuer ihren Fernsehauftritt warm laufen. Der Typ, der aussieht wie einer dieser hippen TV-Moderaten eines angesagt jugendlichen Senders und der genau das auch ist und der jetzt live sendet, hier direkt von der kleinen Fussgaengerzone. Der Typ im T-Shirt, der friert. Die Markthaendlerin, die mit verschraenkten Armen vor ihrem Stand steht und sagt: Mir ist kalt. Die Saftladenfrau, die mir ein Papayamilchshake zubereitet, in einem Ein-Liter-Glas. Der Mann vor dem Franziskus-Kloster, der mir Mineralien verkaufen will. Die Frau auf der Fussgaengerbruecke rueber zur Markthalle, die Bildebuecher zum Ausmalen anbieten, als Geschenk zum Schulanfang. Die zwei Jungs, die vom Styling her aus einem Manga entsprungen sein koennten und mit dem Smartphone vor der Nase durch die Stadt laufen. Die in ihren kleinen Buden am Strassenmarkt schalfenden Haendlerinnnen. Die Frau, die drei Tellern heisser Suppe auf einem Tablett duch die Strasse balanciert. Der Haendler, mit dem riesigen sack voller gehaekelter Fingerpuppen. Die Wartenden, die hinter der Fensterfront im dritten Stock der Markthalle in den Regen starren. Die blinde Frau, die von ihrem ebenfalls blinden Mann auf einem Keyboard begleitet singt, aber kaum zu hoeren ist, weil sie eigentlich nur den Mund bewegt. Das Kunstmuseum, dessen klassiche Sammlung wegen Umbau geschlossen ist. Das Cafe im Hotel Torino, wo mir der Kellner im Kellnerkostuem einen cafe con leche serviert. Die Schuhputzer, die wie eine Breufuniform ihre Gesichtsmasken aus Wolle tragen und mir dauernd die Turnschuhe wienern wollen. Die Soldaten, die ganz unten am suedlichsten Ende der Avenida den Passanten hoeflich bitte, die Strassenseite zu wechseln, weil hier der Praesident wohnt. Der Blick von der Bruecke hinab in das nochmal mindestens rund 100 Meter tiefere Tal. Der Weg zurueck, hinauf in die Altstadt mit dem uralten blauen Dodge-Bus. Der Regen, der vom Himmel nieselt. Die Frau mit dem Alapaca-Wollsachen-Stand, die am liebsten gar nicht mehr aufhoern moechte, mir weiter tolle, weiche Dinge ans Herz zu legen. Der Bus, der hupt. Das Taxi, das hupt. Der LKW, der hupt. Die Fussgaenger, die sich irgendwie durchnmogeln. Die Stimmen der Frauen, die ueberall im Land mit ihrer wunderbaren Melodie ausrufen, was es gerade im Angbot gibt, sei es ein Bus, der gleich abfaehrt nach Cochabamba, Cocha, Cocha, Cochabamba, oder – hay trucha, hay trucha, hay sopa de mani – ein zweigaeniges Mittagessen. Lukas und Steffi, die beiden Umwelttechnikstudenten aus Berlin, die ein Auslandssemester in Santiago de Chile gemacht haben und nun noch ein wenig rumreisen, zum Beispiel fuenf Tage mit einem Oeltanker durch den Bolivianischen Regenwald. Eine Zeitung, die vom Hochwasser und von Notstandsgebieten im Regenwald berichtet.  Der Tourist, der ein kaum dreijaehriges Aymara-Maedchen auf der Plaza vor dem Kloster fotografieren will, dass sich aber weigert, den Kopf zu heben. Diese Frauen im Businessdress. Der Mann im Wintermantel. Die Bolivianer mit Wollmuetzen und Handschuhen. Die digitale Temeraturanzeige, die 9 Grad verkuendet. Der letzte Gang zum Geldautomaten, der mich wie immer ermahnt, keinen Muell auf die Strasse zu werfen. Der Blick aus dem Hostelzimmer, auf die dahinter mitten im Block liegenden Ruinen uralter und sehr einfache Lehmziegelhaeuseer. Dieser unglaubliche Blick, die steilen Strassen hinunter und auf der anderen Seite der Avenida gleich wieder genauso steil hinauf. Das Wissen, dass man da hinten diese schneebedeckten Berge sehen koennte, wenn es nicht so bewoelkt waere, dass selbst die Hangkante, hinterder El Alto beginnt, in den Wolken verschwindet. Der Stau auf der Avenida. Das Kriegerdenkmal daneben. Die Zeitungverkaeuferin, die fragt, ob ich es nicht passend habe. Die Sonne, die dann doch mal ganz kurz durch die Wolken schaut. Der Regen, der dann wieder auf die Stadt troepfelt. Das Teenagerpaerchen, das verliebt neben mir imSaftladen sitzt. Der Laerm und die tiefschwarze Dieselwolke, die dieser Lastwagen mir in die Nase pumpt. Die vergebliche Suche nach einer letzten Salteña. Die Aymara, die an der Strassenecke leckere Krapfen mit Fuellung verkauft. Die Frau, die mir in der Markthalle Api verkauft, dieses warme Getraenk aus Mais, anders als in Sucre aber nicht pur, sondern halb und halb, zur einen Haelfte rot und zur anderen Haelfte weiss, was sich ganz wunderbar im Glas mischt wie ein Marmorkuchen, und dazu Pastel, aber nicht wie in Sucre, sondern pastel especial, frisch erhitzt und mit Kaesefuellung. Der Typ im Internetcafe, der sagt, ich solle die fuenf nehmen, was ich dann auch tue. Diese sanfte, diese ganz sanfte Wehmut. Die Idee, jetzt schon die Idee, wiederzukommen. Der Monat, der ploetzlich, ja dann doch ganz ploetzlich vorueber gegangen ist.

Morgen frueh um kurz nach fuenf muss ich das Taxi nehmen, rauf nach El Alto zum Flughafen.

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