grimo auf reisen

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By the way – eine Reiseerinnerung (2): Kaffee in Berlin

By the way (2): Kaffee in Berlin

Und du hast sie wirklich nicht mal geküsst?, fragt Re. Sie rührt in ihrem Kaffee und verdreht leicht die Augen.

Wir sitzen in der Espressobar in Spuckweite des Fernsehturms. Nicht weil es hier schön wäre, sondern weil es hier Kaffee gibt. Und weil wir in der Nähe waren. Kissen kaufen im Kaufhaus am Alex. Was man halt mal erledigen muss.

Das Kissen war wahrscheinlich im Angebot. Und Re hat es auch nicht für sich gekauft, sondern für die Mutter von L., mit der ich gerade Barcelona war, weil ihr Stiefvater sie eingeladen hatte und ihre Mutter meinte, ich könne sie doch begleiten.

Und jetzt sitzen Re und ich in dieser unspektakulären Kaffeebude. Wir reden mal wieder nicht über unsere komplizierten Beziehungen zu L.’s Mutter, die wir beide als unsere Freundin bezeichnen. Stattdessen erzähle ich von der Reise. Beiläufig wie es war, eine Woche lang durch meine Lieblingsstadt in Spanien zu spazieren, als einer von zwei Quasi-Stiefvätern eines frühpubeträren Teenagers. Ausführlich über das Wochenende danach, als ich allein unterwegs war. Als L. mit dem anderen Vater am Meer war. Über die Nächte mit Rachel.

Und du hast ihr auch keine der blauen Rosen gekauft?, will Re wissen.

Nein, habe ich nicht. Ich dachte ja, dass George ihr Freund sei und …, versuche ich zu erklären.

… und dann läufst du Händchen haltend mit ihre durch die Nacht? Re lacht.

Ich schütte noch etwas Zucker in den Kaffee. Vielleicht ist es einfach keine gute Idee mit der Freundin deiner Freundin über einen Urlaubsflirt zu reden. Wieso gibt es hier eigentlich keine Milch?

Habt ihr wenigstens Adressen ausgetauscht?, fragt Re.

Ich schüttel mit dem Kopf. Sie stupst mir gegen die Schulter.

Und was machst du jetzt?, will Re wissen.

Kaffee trinken, denke ich. Sage dann aber: Na, nichts, was soll ich schon machen.

Ich meine, schiebt Re nach, mit dem Rest deines Urlaubs? Du hast doch noch fast drei Wochen.

Stimmt. Ich muss meinen riesigen Berg an Resturlaub vom Vorjahr verbraten. Ohne genaue Idee. Der Kurztripp nach Barcelona war nicht schlecht, aber eben nur eine Woche von vier. Draußen setzt Schneeregen ein. Wie gut, dass wir von hier mit der U-Bahn gut zurückkommen.

Du könntest doch nochmal nach Spanien fliegen, schlägt Re vor. Nach Sevilla, da wollte sie doch hin, oder?

Ich zucke mit den Schultern. Vielleicht, sage ich, vielleicht wollte sie da hin. Vielleicht aber auch nicht. Wahrscheinlich ist sie längst irgendwo in Portugal.

Aber wolltest du nicht eh schon immer mal nach Sevilla?, fragt Re.

Wollte ich das? Eigentlich nicht. Aber jetzt vielleicht, jetzt vielleicht wollte ich das doch schon immer.

 

 

 

 

 

 

 

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