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die welt liegt uns zu füßen

Guatemala: andere Länder, andere Busse

Diese Fahrt mag vor einigen Jahren noch ein echtes Abenteuer gewesen sein. Von Palenque Richtung Guatemala, dann über den Grenzfluus übersetzen und auf der anderen Seite weiter Richtung Flores, die Stadt auf einer Insel im See, wo eigentlich alle absteigen, die mal wieder Ruinen sehen wollen. Also nicht irgendwelche, sondern die von Tikal, der einstigen Mayahauptstadt.

Aber so weit bin ich noch lange nicht. Erst einmal geht es morgens früh um 6 Uhr in Palenque los. Von Abenteuer fehlt allerdings jeden Spur. Die Backpacker, die wie ich ein Ticket für die komplette Fahrt bis Flores gebucht haben, werden von einem modernen Minibus vor ihren jeweiligen Hostals abgeholt und schon geht es schwungvoll Richtung Grenze. Mal muss ein langsamer Laster mühsam überholt werden, mal fallen ein paar Tropfen vom Himmel. Das ist es dann auch schon.

Nach 3 Stunden brausender Fahrt halten wir vor dem Büro der Migracion, wo sich jeder einen Ausreisestempel abholen muss. Weiter geht es über den Fluss mit schmalen, schnellen Holzlanchas. Ich hatte damit gerechnet, dass wir ein ganzes Stück den Fluss hinunterschippern würden, stattdessen setzen wir nur schräg über und müssen auch schon wieder aussteigen. Sehr schade.

Gleich neben uns legt ein Kahn mit einer Ladung Maissäcken an. Eine ganze Horde junger Männer mit sportlich freien Oberkörpern schleppt die Säcke die Uferböschung zu einem wartenden LKW hoch.

Für die elf Backpacker aus dem Minibus geht es entspannter an. Wir müssen über eine Stunde warten, bis es weitergeht. Eine wilde Bande kleiner Kinder versucht mit mir zu kommunizieren. Ihr Spanisch reicht aber gerade mal für den Satz: gib mir einen Quetzal! Ich habe aber noch gar kein Geld getauscht, weil ich den Straßenhändlern in diesem Dorf am Fluss misstraue. Was ein Fehler ist, wie sich später herausstellt. Denn hier gäbe es 50 Quetzales für 100 Pesos. An der Passkontrolle, die wir erst nach einer halben Stunde Fahrt erreichen, sind es nur noch 45. Und in Flores werden einem zum Teil nur noch 40 geboten.

Bis dahin aber ist ein weiter, mehr als rumpeliger Weg. Unser Bus, der dann irgendwann doch noch mal im Grenzdorf am Fluss aufgetaucht ist, ist mindestens zwei Klassen einfacher, als die Touristenschaukel auf mexikanischer Seite. Selbst die gemeinhin kleineren Latinos dürften hier drin Probleme haben, zwischen den eng stehenden Sitzreihen so etwas wie Beinfreiheit zu genießen. Unser Fahrer, ein älterer Herr mit rotkariertem Hemd, blauer Basecap und freundlichem Grinsen unter dem Schnäuzer begrüßt uns mit einem Scherz: Willkommen auf Guatemalas Straßen, die sogar einen Heiligen haben. Er nennt einen Namen, den ich nicht verstanden habe, aber seine wilde Köperbewegung und die schlingernden Arm lassen erkennen,  worum es hier geht: Schlaglochdisco!

In der nächsten drei Stunden tanzt der Bus über eine extrem holperige Lehmschlammschotterpiste, die Fenster klappern fröhlich den Rhythmus dazu.

Draußen zieht eine Landschaft vorbei, der man auch auf den ersten Blick ihre Vergangenheit ansieht. Saftig grüne Wiesen, sprießende Maisfelder, überall wucherndes Grün. Vom dem Regenwald, der einst diese Region geprägt hat, ist fast nichts mehr zu sehen. Selbst die Kuppen der Bergkette, die die Holperstrecke begleitet, sind zum großen Teil bereits abgeholzt. Kahl.

Später passieren wir ein Gebiet, das als Wiederaufforstungszone gekennzeichnet ist. Tausende Bäume schießen hier dicht an dicht in Reih und Glied senkrecht in den Himmel. Eine Monokultur, die mit dem Vorgängerwald kaum mehr als die Farbe Grün gemein haben dürfte.

Die Fahrt zieht und zieht sich. 14.30 Uhr, die von den Reiseorganisatoren in Palenque versprochen Ankunftszeit, ist längst vorbei, als wir nach vier Stunden Fahrt endlich wenigstens mal eine asphaltierte Straße erreichen. Weil wir später auch noch in der Stadt vor Flores einen Stopp an einem Bankautomaten machen, damit sich endlich alle mit Quetzales eindecken können, dauert es schließlich bis nach 17 Uhr, bis wir unsere Körper in Flores wieder entfalten dürfen. Nun ja, so hat man eben auch als zeitgenössischer Backpacker noch ein wenig was zu erzählen.

Glück ist dann, wenn man abends beim Rundgang durch das sehr beschauliche Inselstädtchen Flores am Seeufer die drei Stände entdeckt, an denen Frauen einheimisches Essen anbieten. In flachen Tonschüsseln bieten sie verschiedene, gemischte Sachen an, die erstmal wie Salate wirken. Ich frage eine der Händlerinnen, wie man das denn essen könne. Das Zauberwort heißt wenig überraschend: Tostadas. Drei hart frittierte Tortilllas, die nach Wunsch mit den Inhalten der Tonschüsseln belegt werden, gibt es für 5 Quetzales, etwa 60 Eurocent. Da gönne ich mir noch eine Tamale (in Bananenblättern gekochte Maiscreme, hier mir Fleischeinlage) und einen lecker knatschigen Bananenkuchen. Damit sitze in jetzt auf der Kaimauer und schaue einer Guatemaltekin zu, die mit einer Angelroute kleine Fische aus dem See holt.

Und morgen dann: Tikal. Um sechs Uhr geht es los.

PS: Die Hälfte der Reise ist um. Schon? Erst? Ich bin unentschieden, so wie der Mond, der halbvoll am Himmel hängt.

One response to “Guatemala: andere Länder, andere Busse”

  1. […] Flores: Die Übernachtung im 5er-Dorm mit integriertem Bad im Hostal Los Amigos kostet 75 Quetzales. Es ist ein klassiches Backpackerhostel, mit Barrestaurant im Hof, um den sich die Schlafsäle gruppieren. Nachtruhe findet man trotzdem, weil ab 22 Uhr alle Gäste konsequent vom Hof geschickt werden. Wer dennoch weiter trinken und reden will, findet hinter drei schalldämpfenden Türen eine kleine Nachtbar. […]

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