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die welt liegt uns zu füßen

Rolling Stones in der Waldbühne

Nein, das muss ich gleich vorausstellen. Ich bin heute abend nicht beim Konzert der Rolling Stones in der Berliner Waldbühne. Schon weil die Karten angeblich nach 8 Minuten ausverkauft waren – was nebenbei gesagt, ein Marketingag der Ticketverkäufer war, weil sie schon einen Tag vor dem offiziellen Vorverkaufsstart Eintrittskarten verscherbelt hatten, zum Beispiel ausgerechnet über bild.de. Nur musste man, um dort in den erlauchten Kreis zu kommen, erstmal ein Abo für den kostenpflichtigen Onlinedienst bildPlus abschließen. Ab das nur am Rande.

Wobei: dass ausgerechnet die Bild, die vor 50 Jahren nach dem legendären ersten Auftritt der Stones in der Waldbühne von einem Besuch in der Hölle fabuliert hatte, heute Medienpartner ist, das … nun ja.

bild1965

Zurück zum eigentlichen Event: Bis heute wird ja spekuliert, was genau der Auslöser für die Ausschreitungen am 15. September 1965 in der Waldbühne war. Der Augenzeuge Bommi Baumann hat heute in der taz dazu einiges erzählt: „Det war nicht so doll, man hat sich viel mehr davon versprochen, die Stones live zu sehen“.

Überlicherweise wird die Unzufriedenheit mit der Kürze des Auftritts begründet. Nach kaum einer halben Stunde war die Band schon wieder weg. Aber auch die Qualität dürfte eine Rolle gespielt haben. Das lässt zumindest eine rare Filmaufnahme vermuten, die die Band vermutlich bei ihrem allerersten Auftritt in Deutschland, am 11.9.65 in Münster zeigt:

Da stehen die fünf jungen Herren auf der Bühne und schrammeln Satisfaction, einen ihrer ersten tatsächlich selbst geschriebenen Hits, mit einer Leidenschaftslosigkeit herunter, die sich heute nicht einmal die schlechteste Cover-Band zutrauen würde. Der Beat von Schlagzeuger Charlie Watts eiert fröhlich durch die Gegend und Keith Richards verpasst gleich zweimal seinen Einsatz, so dass Mick Jagger mal irriert nach hinten schauen muss, um zu sehen, ob es denn jetzt mal weiter geht. Der dünne Sound gibt einem den Rest. Da kann man dann auch schon mal ausflippen als Fan.

Aber die waren damals wohl nichts anderes gewohnt, so scheint es den meisten dennoch gefallen zu haben. Am selben Tag wurde „Satisfaction“ erstmals in den deutschen Plattencharts notiert. Ende Oktober erreichte er Platz 1, blieb dort sechs Wochen und verdrängte den bisherigen Spitzenreiter, den Schmachtrompeter Nini Rosso mit „Il Silenzio“ – ein größerer Kontrast ist kaum vorstellbar.

Die Stones sind seither übrigens in schöner Regelmäßigkeit fast alle 16 Jahre wieder in der Waldbühne aufgetaucht: 1981, 1998 und jetzt 2014. Ich muss also nur noch bis etwa 2030 warten, bis der dann 86-jährige Mick Jagger wieder dort auftritt. Mal sehen, ob ich dann mehr Glück beim Ticketverkauf habe.

Denn die Chance, dass ein Waldbühnen-Konzert in die Musikgeschichte eingeht, ist doch sehr hoch. So saß 1981 ein junger Mann im Publikum, der sich, als gegen Ende der Bühnenshow zahlreiche Ballons in den Himmel über Berlin stiegen, Gedanken darüber machte, wie wohl die DDR-Grenzer an der Mauer auf die ihnen unbekannten Flugobjekte reagieren würden. Der junge Mann macht einen Song deraus, den er dann mit seiner Band aus Hagen zum Welthit macht: „99 Luftballons“ von Nena.

 

 

 

 

 

 

 

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